Deutschlands einziger Steampunk-Laden lockt in Wattenscheid

  • Stephan, Martin und Johanna (v.l.) im angemessenen Outfit im "Steampunk Store Bochum" an der Graf-Adolf-Straße Wattenscheid.

    Foto: Uwe Ernst / FUNKE Foto Services


    WATTENSCHEID. Einladung zu einer irren Zeitreise. Für Zahnräder und Zylinder kommen Kundinnen und Kunden aus ganz Deutschland nach Bochum-Wattenscheid.


    Die Steampunk-Station in Bochum Wattenscheid ist ein Kabinett der Kuriositäten. Zahnräder, antike Zylinder und filigrane Korsett gibt es hier. Was auffällt, ist die einheitliche Farbgebung: Kupfertöne und schwarz dominieren Kleidung und Accessoires, die hier verkauft werden. Es sind die typischen Farben des Steampunks, einer Subkultur, die sich einer fiktiven Zukunftsvision ausgehend vom viktorianischen Zeitalter verschrieben hat.


    Steampunk zu definieren ist gar nicht einmal so einfach. Marc Neumann ist Geschäftsführer und Gründer der Steampunk-Station und beschreibt das Phänomen als Lebensgefühl. „Steampunk stellt sich eine technische Entwicklung vor, die auf Dampf anstatt auf Strom aufbaut – deshalb auch der Name“ sagt Neumann. Es ist eine Subkultur mit Elementen des Rollenspiels, eigener Kunst, Literatur und viel Fantasie. Historisch akkurat muss dabei nichts sein, viel mehr steht das Selbermachen im Vordergrund.


    Jeden Samstag öffnet die Steampunk-Station

    Während er erklärt, sitzt Neumann an einem kleinen Holztisch in seinem Laden. Um ihn herum herrscht reges Treiben, denn wie jeden Samstag hat die Steampunk-Station ihre Türen geöffnet. Kundinnen und Kunden sind in typischen Outfits erschienen. Johanna Schmitt (54) ist eine von ihnen und mischt sich direkt ins Gespräch ein. „Das geht alles auf die Romane von Jules Verne zurück, daher auch die viktorianischen Elemente.“


    Inhaber Marc Neumann demonstriert ein eindrucksvolles „Steampunk-Zubehör“ vor seinem Geschäft.

    Foto: Uwe Ernst / FUNKE Foto Services


    Sie trägt heute ein dramatisches Outfit mit Korsett und schwerem Schmuck. Der Laden ist der einzige seiner Art in ganz Deutschland. „Kunden fahren teilweise stundenlang, um zu uns zu kommen“ erzählt Neumann. Gegründet hat der 51-Jährige die Steampunk-Station schon 2020, aber erst seit 2021 läuft das Geschäft richtig, wegen Corona. Schon vorher hat er auf Szeneveranstaltungen wie dem historischen Jahrmarkt in Bochum verkauft. Mittlerweile hat sich das kleine Lokal in Bochum-Wattenscheid zu einem echten Szenetreff entwickelt.


    Steampunk ist keine Karnevalskostümierung

    Zwischen 10 und 30 Kunden hat Neumann an einem normalen Samstag, die durchschnittliche Zeit für einen Einkauf hier liegt zwischen zwei und drei Stunden. Das liegt daran, dass es sich hierbei nicht um einen normalen Einkauf handelt, sondern um das Erlebnis selbst. Man ist hier, um sich zu vernetzen, kennen zu lernen und beraten zu lassen. Der Ladeninhaber nimmt sich Zeit für seine Kundinnen und Kunden und hilft ihnen, ihre Outfits zusammen zu stellen. Wichtig ist Neumann zu betonen, dass es sich bei Steampunk nicht um Karnevalskostüme handelt. Hinter den aufwändigen Gewandungen stecken teilweise ganze Charaktere.


    Im "Steampunk Store Bochum" gibt es viel mehr zu sehen und zu kaufen als Kostüme. Hier versteckt sich eine ganz besondere Retrowelt.

    Foto: Uwe Ernst / FUNKE Foto Services


    Für Events geben sich Teilnehmende sogar eigene Namen und Titel. An diesem Samstag hält sich beispielsweise auch Ludwig Otto, Earl von Wattenscheid, im Laden auf. Ein typisches Outfit umfasst Weste, Zylinder und Gehstock, für Frauen Korsett und Rock. Obligatorisch sind auch ein Goggles, eine Art Schutzbrille, die wie eine Mischung aus Taucher- und Schweißerbrille anmutet. „Die muss man tragen, denn im Zeitreisetunnel gibt es Funkenflug“. Wichtig ist zu wissen: Die Charaktere der Steampunker sind Zeitreisende – mal kommen sie aus der Zukunft, mal aus der Vergangenheit.


    Reichlich Kuriositäten vorhanden

    Und wie bei jedem Reiseverkehr gibt es auch hier Regeln. So hat jeder Zeitreisende seinen Zeitreisepass stets bei sich zu tragen, was selbstverständlich von der zuständigen Behörde kontrolliert wird. In Neumanns Laden ist man aber sicher, hier kann man auch ohne Zeitreisepass einkaufen. Simon Lübke (19) ist selbst noch recht neu in der Szene, findet aber, dass man hier gut Anschluss finden kann. Und nicht alles, was es hier zu kaufen gibt, ist eine Kuriosität. Teilweise gibt es auch einfach schlichte, elegante Kleidung. „Ich habe auch Kunden, die einfach mal eine ausgefallene Weste oder eine Anzugshose haben wollen.“ Deshalb ist auch jeder eingeladen, vorbeizuschauen – samstags zwischen 11 und 17 Uhr in der Graf-Adolf-Str. 50 in Bochum-Wattenscheid


    Quelle: https://www.waz.de/staedte/wat…enscheid-id239709447.html