Comic-Besprechung - Die geheimnisvollen Städte — Die Heimkehr des Kapitän Nemo

  • Die geheimnisvollen Städte — Die Heimkehr des Kapitän Nemo


    Autor: Benoît Peeters

    Zeichner: François Schuiten

    Übersetzerin: Resel Rebiersch


    Story:

    Der vorliegende Band enthält knapp 50 ganzseitige schwarz-weiß Zeichnungen von François Schuiten zu den Themen „Kapitän Nemo” und „Paris im 20. Jahrhundert”, sowie eine zugehörige kurze Prosaerzählung einer (fiktiven) Fortsetzung der Figur aus den Romanen Jules Vernes, die wiederauferstanden ist und nun durch die Welt der geheimnisvollen Städte reist, an Bord einer Chimäre aus Unterseeboot und Krake. Den Abschluss bildet ein Dossier über das Leben und Werk Jules Vernes, das den Hintergrund zum vorliegenden Band liefert und zugleich die Verbindung knüpft zum Anlass dieses Prachtbandes: dem geplanten Monument zu Ehren des großen französischen Autors in Amiens.


    Dieser Comic wurde mit dem Splash-Hit ausgezeichnet


    Meinung:

    Es ist wirklich ein prächtiges Buch, das Schuiten und Peeters uns hier vorlegen. Ein großformatiges Bilderbuch mit fantastischen Zeichnungen in schwarz-weiß, in einem Stil, der am ehesten an eine Mischung aus Radierung, Linolschnitt und feiner Schraffur erinnert. Letzteres erinnert mich dabei ein wenig an einige der schwarz-weiß Arbeiten von Moebius, doch Schuiten behält hier jederzeit seinen eigenen Stil bei und ist unverkennbar er selbst.


    Wie man im Buch erfährt, hat François Schuiten schon einmal ein Werk von Jules Verne illustriert, den Band „Paris im 20. Jahrhundert”, das direkt nach seiner Entstehung vom Verleger abgelehnt und erst über Hundert Jahre später erstmals veröffentlicht wurde. Und dann im Stil der Prachtbände, die es bereits im 19. Jahrhundert von Vernes Werken aufgrund ihrer großen Beliebtheit gegeben hat, also mit ganzseitigen Illustrationen zu den einzelnen Kapiteln. Diese sind im Mittelteil des Buches ebenfalls mit abgedruckt.


    Derzeit ist von der Stadt Amiens geplant, eine große Plastik zu Ehren Jules Vernes errichten zu lassen, die eben wieder von François Schuiten entworfen werden soll, zusammen mit Pierre Matter. Dies ist der eigentliche Anlass zu diesem Hommage-Band an Jules Verne, und Hintergründe hierzu finden sich im Dossier am Ende des Bandes. Die Aufstellung des Denkmals wäre dann die eigentliche Heimkehr des Kapitän Nemo, denn sein Autor Jules Verne hat viele seiner Werke in Amiens verfasst.


    Den Anfang des Buchs bildet eine Erzählung um den wieder auferstandenen Kapitän Nemo, der von seiner versunkenen Insel zurück nach Amiens reist, oder eben nach Samarobrive, wie die Stadt im Universum der geheimnisvollen Städte von Schuiten und Peeters benannt wurde. Hierbei wechselt sich eine Seite mit einem kurzen Text, der hauptsächlich die Geschichte des Kapitän Nemo aus den Büchern „20.000 Meilen unter dem Meer” und „Die geheimnisvolle Insel” wiedergibt, mit den sehr schönen, ganzseitigen neuen Zeichnungen ab. Dabei wird die Reise des Kapitäns im inneren des neuen Unterseebootes, das zur Hälfte aus einem Kraken besteht, der aber auch an Land ohne Wasser überleben und sich fortbewegen kann, immer grotesker und geht langsam aber sicher in die Gedankenwelt der geheimnisvollen Städte über, bis er eben „zuhause” ankommt.


    So haben die Autoren auf sehr charmante Weise die Tatsache von Schuitens Arbeit am Denkmal, seiner bisherigen Beteiligung an einer posthumen Veröffentlichung an einem Werk Jules Vernes, der Geschichte um den Kapitän Nemo sowie das Haupt-Oeuvre von Schuiten und Peeters derart miteinander verwoben, dass man wirklich die Auflösung am Ende des Bandes braucht, um die Zusammenhänge zu verstehen.


    Ohne das es angegeben wäre, ist dies im Original inzwischen der zwölfte Band in der Reihe um die geheimnisvollen Städte, die seit nunmehr vierzig Jahren von den Autoren gepflegt und weitergeführt wird, mit zahlreichen Zusatzbänden und Extramaterial sowie inzwischen sogar bereits einer edlen und aufwändig gestalteten Gesamtausgabe. Das Zusatzmaterial ist bisher nur in Teilen auch auf Deutsch erschienen. Die Nummerierung der Serie ist dabei nicht immer einfach zu verstehen, die Bände „Die unsichtbare Grenze” und „Die Sandkorntheorie” wurden in Frankreich jeweils als zwei einzelne Bände veröffentlicht auch jeweils einzeln nummeriert, sodass man auf zwölf kommt, wobei die beiden Bände „Die schiefe Mary” und „Der Archivar” dort als außerhalb der Serie laufend angesehen werden. Doch am Ende sind wir in beiden Ländern bei Band 12 angelangt, weil wir hier die beiden letztgenannten mitzählen würden. Jeder auf seine Art. Auch das passt irgendwie zu den geheimnisvollen Städten, finde ich. Den vorliegenden Band würde ich aber eher als „außerhalb der Serie (Hors serie)” empfinden.


    Der Band kommt in einer hochwertigen Hardcover-Ausführung auf gutem Papier und einem erstklassigen Druck — die Softcover-Zeiten sind für die Veröffentlichungen von Schuiten und Peeters bei Schreiber und Leser wohl endgültig vorbei. Zum Glück.


    Fazit:

    Für Fans der Serie ist dieser Band natürlich ein Muss, aber er ist auch ganz allgemein für die Liebhaber schöner schwarz-weiß Zeichnungen ein Genuss, sowie für die Leser von Jules Verne und der Figur des Kapitän Nemo. Ein prachtvoll aufgemachter Band im nicht enden wollenden Universum der geheimnisvollen Städte. Sehr zu empfehlen.


    Die geheimnisvollen Städte — Die Heimkehr des Kapitän Nemo

    Autor der Besprechung: Uwe Roth

    Verlag: Schreiber und Leser

    Preis: € 26,80

    ISBN 10: 3965821415

    ISBN 13: 978-3965821415

    96 Seiten


    Bewertungen unserer Redaktion und unserer Leser

    Positiv aufgefallen:

    Ein prachtvoller Band zum Thema Jules Verne und Kapitän Nemo.

    Mit sehr schönen, ganzseitigen schwarz-weiß Zeichnungen.


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    Quelle: https://www.splashcomics.de/ph…taen_nemo#google_vignette