Der Traum vom Transatlantik-Tunnel

  • London–New York in 54 Minuten

    Der Traum vom Transatlantik-Tunnel


    Die Vision, Europa und die USA mit einem Unterwassertunnel zu verbinden, fasziniert seit mehr als 100 Jahren. Hochgeschwindigkeitszüge wie der Hyperloop befeuern die Idee. Klar, dass auch Elon Musk mitmischt.

    Maximilian König 18.01.2025, 10:00 Uhr

    Wenn die Welt in diesen Tagen wieder einmal von einer tollkühnen Idee überrascht wird, dauert es nicht lange, bis der Name Elon Musk fällt. Der Tech-Milliardär hat den E-Auto-Markt revolutioniert, die kommerzielle Raumfahrt vorangebracht, und er ist in kürzester Zeit zum mächtigen Einflüsterer des neuen US-Präsidenten Donald Trump aufgestiegen.

    Und jetzt das: Vor Kurzem ließ er auf X fallen, seine Tunnelbaufirma The Boring Company sei imstande, für schlappe 20 Milliarden Dollar eine unterseeische Durchfahrt zwischen New York und London zu bauen. Er bezog sich dabei auf die Meldung eines Nachrichtenportals, nach der ein solcher Tunnel Passagiere in nur 54 Minuten durch den Atlantik bringen könnte – jedoch für geschätzte Baukosten von 20 Billionen Dollar.

    Aber wie soll das technisch funktionieren – welche Bauweise, welches Transportsystem, welcher Investor wären denkbar? Es liegt nahe, den auf X dahingetippten Satz als Musk-Geprahle abzutun. Und doch bezieht er sich auf eine Idee, die Menschen auf beiden Seiten des Ozeans seit mehr als einem Jahrhundert fasziniert: ein Pendelzug zwischen neuer und alter Welt.

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    Dazu passt, dass die erste populäre Idee einer solchen Verbindung zwischen den Kontinenten der Fantasie eines Schriftstellers entsprang. Michael Verne, Sohn des Autors Jules Verne („Reise zum Mittelpunkt der Erde“), träumte in seiner Erzählung „Ein Schnellzug der Zukunft“ (1888) von einem Tunnel zwischen Liverpool und Boston, Reisezeit 2:40 Stunden.

    Ein Flugzeug benötigt für die Strecke heute sieben Stunden. Die nun gehandelte Rekordzeit von 54 Minuten soll wiederum ein Lieblingsprojekt aus dem Musk-Kosmos bewerkstelligen: der Hyperloop.

    Das Hochgeschwindigkeitssystem verspricht, Passagiere in Magnetschwebebahnen wie bei einer Rohrpost durch Vakuumröhren zu schießen. Ohne Zwischenhalte, auf möglichst geradem Wege. Auch diese Idee ist bereits 100 Jahre alt, Elon Musk griff sie 2013 in einem prominenten Konzeptpapier auf. Pumpen saugen Luft aus den Röhren und stellen so ein Vakuum her. Aufgrund des Unterdrucks herrscht kaum noch Luftwiderstand, das macht die Transportkapseln schnell und energieeffizient.

    Forscher an der Technischen Universität München (TUM) haben ein eigenes Hyperloop-Fahrzeug plus Tunnelröhre entwickelt.

    Quelle: Technische Universität München / TUM Hyperloop

    Bislang gingen weder Musks Pläne noch die Ideen von Nachahmern auf. Dennoch tüfteln Ingenieure weiter an dem System, zum Beispiel in den Niederlanden, wo Europas längste Teststrecke steht (420 Meter). Doch selbst wenn der Hyperloop einst den Durchbruch schaffen sollte, bräuchte es immer noch einen Tunnel, der fast 5000 Kilometer von New York nach London reicht.

    Die 420 Meter lange Teströhre am European Hyperloop Center im niederländischen Veendam, installiert von der Firma Hardt Hyperloop.

    Quelle: Hardt Hyperloop

    Sowie eine sagenhafte Ingenieurskunst. Denn zwischen den Küsten verläuft der Mittelatlantische Rücken, eine Gebirgskette, die sich unter der Wasseroberfläche über 20.000 Kilometer erstreckt. Dazu ist der Atlantik durchschnittlich mehr als 3000 Meter tief. Allein die Planung könnte Jahrzehnte dauern, und das Projekt wäre finanziell nur schwer kalkulierbar.

    Ein Unterwassertunnel der Superlative

    Dennoch versuchen sich Forscher immer wieder an transatlantischen Visionen. 2004 veröffentlichten die US-Meeresingenieure Ernst Frankel und Frank Davidson, ehemals am Massachusetts Institute of Technology (MIT) aktiv, ihr Konzept einer Unterwasser-Magnetschwebebahn in der Fachzeitschrift „Popular Science“.

    Ihre interkontinentale Modellstrecke verläuft teils über Land, über Grönland und Kanada. Unter Wasser soll die Tunnelröhre nur einige Hundert Meter unter der Oberfläche schweben, verankert an Metallketten am Meeresboden. So würde sie der Topografie und dem gewaltigen Druck in der Tiefe entgehen. Doch solch ein schwimmender Tunnel liefe Gefahr, durch im Atlantik treibende Eisberge zwischen Grönland und Kanada zermalmt zu werden, gaben Kritiker damals zu bedenken. Würde man die Route weiter südlich und komplett unter See verlegen, entstünden enorme Kosten.

    Das gilt ebenso für die Option, im Meeresgrund selbst zu bohren. Schon die Tiefe wäre ein Novum. Den Rekord hält der Schweizer Gotthardbasistunnel, der bis zu 2300 Meter unter Alpengestein liegt. Er ist der tiefste und mit seinen 57 Kilometern auch der längste Eisenbahntunnel der Welt.

    Der Eurotunnel hält den Rekord

    Auch der Tunnel mit der weltweit längsten Strecke unter Wasser könnte nicht annähernd mit einer Amerika-Europa-Verbindung mithalten. Der Eurotunnel zwischen Frankreich und England verläuft über 37 Kilometer im Meeresboden (50 Kilometer Gesamtlänge), an seiner tiefsten Stelle reisen Passagiere 75 Meter unter der Höhe des Wasserspiegels. Er kostete doppelt so viel wie ursprünglich geplant, rund 15 Milliarden Euro.

    Quelle: https://www.rnd.de/panorama/trans…FO3FVGPMMQ.html