Titel: Daniel Defoe - Robison Crusoe
Genre: Abenteuer
Label: Hörbuch Hamburg
Laufzeit: . ca. 225 Min
Erscheinungsjahr: 2004
Preis: Euro 22,90
ISBN: 3-89903-301-9
Inhalt:
Der fiktive Erzähler Robinson Crusoe schildert seine Reiseerlebnisse
aus der Retrospektive. Robinson ist der Sohn eines Kaufmanns aus York,
der gegen den Willen seiner Eltern zur See fährt. Er besteht auf
seinen Reisen einige Abenteuer, bis er nach einem Schiffbruch als
einziger Überlebender auf einer einsamen Insel strandet.
Der Erzähler schildert detailliert, wie er sich mühsam auf der Insel
einrichtet und nach einiger Zeit seine eigene Zivilisation aufbaut.
Robinson kann sein Überleben nur durch Ausdauer, Geschicklichkeit,
Beobachtungsgabe und sein neu gewonnenes Gottvertrauen sichern. Eines
Tages rettet Robinson einem Eingeboren das Leben und nennt ihn
Freitag. Robinson erzieht ihn zu seinem Diener und bringt ihm seine
Sprache, Kultur und Religion bei. Nach über 28 Jahren wird Robinson
schließlich von einem englischen Kapitän gerettet und kehrt mit
Freitag zurück nach England.
Quelle: http://www.elsa.musin.de/area/…/gesw_deut_buchdefoe.html
Kritik:
Tausendmal gelesen, tausend Mal gehört... und.. genau ...immer noch
die gleiche Story.
Der Hörspiel-/Hörbuchmarkt wird im Moment regelrecht (wenn man das
Wort überhaupt noch benutzen darf) überflutet von Neuvertonungen
klassischer Stoffe. Das, obwohl die Inhalte der Geschichten fast schon
zur Allgemeinbildung gehören und Jedermann bekannt sein dürften.
Dennoch wagt man sich vehement an die Themen von Poe, Dickens, Stoker
und endlich auch Daniel Defoe.
Fast schon war es zu erwarten, dass nun auch seine berühmteste
Geschichte "Robinson Crusoe" neu vertont würde.
2004 war es soweit. Hörbuch Hamburg präsentierte den "... Klassiker
der Weltliteratur gelesen von Rufus Beck" in einer gekürzten aber
immerhin noch 225 Minuten währenden Fassung.
Was darf der Hörer erwarten? Nun, inhaltlich nicht viel Neues. Denn in
der Tat gibt es wohl kaum Jemanden, der die Story um den gestrandeten
Unglücksraben nicht kennen würde.
Tja, Langeweile vorprogrammiert! Öde garantiert! Was will man von so
einem vertonten alten Schinken auch schon erbauliches erwarten? Auch
die Story an sich ist heute wirklich nicht mehr zeitgemäß und lockt
entsprechend sicher keinen Zuhörer mehr, geschweige denn muntert ihn
auf, für die Produktion auch noch Geld auszugeben.
Ein Mann wird durch unglückliche Umstände auf eine einsame Insel
verschlagen und muss sich über Jahre hinweg dort selbst versorgen ....
huuuu, wie spannend!
Halt!
Falsch!
Ganz, ganz falsch!
Die Renaissance der Klassiker hat ihren Grund:
Die alten "Schinken" präsentieren wunderbare Geschichten, die auch
ohne modernen Firlefanz perfekte Unterhaltung und Spannung bieten und
dabei heute fast noch mehr zu fesseln wissen als zu ihrer
Entstehungszeit.
Warum das so ist? Dazu will ich hier keine Theorie - gut, besser wohl
"lockere Spekulationen" - offenbaren. Faktum ist, dass der
Verkaufserfolg und die Publikumswirksamkeit der Geschichten von
"Dracula", "Scrooge", den "drei Musketieren", "Camilla" und anderen
Produktionen denen Recht geben, die auch bei der Herstellung von
Hörspielen und Hörbüchern heute auf altbewährte Inhalte setzen.
In diesem Sinne folgt man mit Robinson Crusoe beim Verlag Hörbuch
Hamburg durchaus einem Trend. Aber kann man mit diesem Hörbuch auch
inhaltlich und dramaturgisch an die Qualität der Referenzprodukte
heranreichen?
Klare Antwort: Man kann.
Robinson Crusoe ist ein Hörbuch, das besser nicht unterhalten könnte.
Definitiv - Die gelungenste hörtechnische Umsetzung der Geschichte des
Daniel Defoe, die mir bisher untergekommen ist.
Ich jedenfalls habe mich keine Sekunde dabei gelangweilt dem lieben
Robinson bei der Schilderung seiner unglaublichen Erlebnisse zu
lauschen. Das Ganze erinnert dann auch an ein vorgelesenes Tagebuch.
Robinson erzählt einleitend aus seinem Leben, beschreibt die dem
tragischen Verschlagen auf die einsame Insel vorausgehenden
Ereignisse.
Das Hörbuch bietet damit erheblich mehr Hintergrundinfos, als es im
Rahmen 40 - 60 minütiger Hörspiele überhaupt möglich wäre. Ausführlich
werden die Ereignisse auf der Insel geschildert. Präzise, genau,
akribisch und damit - möglicherweise - für den ein oder anderen
langweilig.
Ich zähle mich aber weder zu den einen noch zu den anderen, sondern
mag Abenteuergeschichten, die nicht allein von aktionsgeladenen Szenen
leben, sondern insbesondere wahren "Entdeckergeist" zum Thema machen.
Und Robinson Crusoe ist eindeutig eine Geschichte, die in dieses
Schema passt. Crusoe entdeckt die abgelegene Insel, er meistert den
schwierigen Umgang mit Landwirtschaft, Viehzucht, baut sich ein
eigenes Heim und entdeckt darüber den Sinn des Lebens für sich.
Der Weg der Entdeckungen ist beschwerlich, von Gefahren durchzogen und
unglaublich hart. Das Ziel allerdings entlohnt den Protagonisten. Er
findet Glück, Zufriedenheit und ... den Frieden mit sich, Gott und der
Welt. Die Geschichte hat durchaus etwas Religiöses und regt in der Tat
zum Nachdenken an. Was braucht man zum Leben? Was ist Glück? Welches
persönliche Ziel verfolgt man und warum?
Nun, nicht jedem mag die Fähigkeit oder Lust gegeben sein, über diese
Fragen, angeregt durch ein Hörbuch, zu reflektieren. Wer weniger
esoterisch oder transzendental angehaucht ist, sich dafür aber an
alten, geschraubten Sprachwendungen genauso erfreut wie an
klischeehaften Beschreibungen von "Negern" und ihren (unzivilisierten)
Ritualen wird dem Ganzen dennoch einen unglaublichen Hörgenuss
abgewinnen können.
Das der Hörumsetzung zu Grunde liegende Script vermittelt nämlich
gekonnt das Gefühl einem Erzähler zu lauschen, der irgendwann in den
letzten Jahrhundert sprachlich sozialisiert worden sein muss. Dem
Vorleser Rufus Beck gehört in diesem Zusammenhang erneut meine tiefe
Hochachtung. Er spricht den Robinson nicht, sondern er lebt ihn. Nicht
überkandidelt, nicht persiflierend, sondern in höchstem Maße
glaubwürdig, authentisch, echt. Es ist in der Tat ein wahrer Genuss
ihn lesen zu hören.
Fazit:
Demnächst kommt Strickers Umsetzung der Geschichte als Hörspiel auf
den Markt. Man darf gespannt sein, inwieweit er diesen für eine Lesung
prädestinierten Stoff umsetzen wird. In jedem Fall wird es die
Produktion schwer haben qualitativ mit diesem Werk zu konkurrieren.
Mein Wort darauf!
Perfekt!
Die Originalrezension gibt es hier:
http://www.hoerspiel-rezension…content.php&contentid=918
Bezugsquelle:
[asin]3899033019[/asin]