2005 / 08 Michael Günther & Sebastian G. Birr: Bänkelsängers Nachtgesicht (2000)

  • Michael Günther & Sebastian G. Birr
    Bänkelsängers Nachtgesicht (2000)


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    (ich würde gerne einen amazon- oder buch24-Link setzen, allerdings musste ich feststellen, dass das Album nicht über diese Shops vertrieben wird :( )


    Genre: Liedermacher
    Gesamtzeit: 70:13
    Trackanzahl: 21

    [01] Zur Nacht (2:02)
    [02] Sing ein Lied für mich (3:51)
    [03] Weshalb? Warum? (3:19)
    [04] Zur Nacht II (1:34)
    [05] Text: Bier (1:58)
    [06] Nudelholz (6:38)
    [07] Vortext: Typenoffen (2:19)
    [08] Typenoffen (3:44)
    [09] Vortext: Männer (3:00)
    [10] September (2:56)
    [11] Café (3:07)
    [12] Totentanz (2:39)
    [13] Damit du weißt (6:23)
    [14] Sing ein Lied für mich II (2:14)
    [15] Vortext: Blues (1:38)
    [16] Oh man wie bin ich traurig (3:04)
    [17] Stille Flut (3:01)
    [18] Stiefel (3:37)
    [19] Verabschiedung / Sing ein Lied für mich (4:13)
    [20] Spindelstraße (3:38)
    [21] Ade mein Lieb (5:13)


    Nicht gleich abschrecken lassen! Okay, da steht „Liedermacher“, aber letzten Endes ist dieser Begriff derart schwammig, dass da auch gar nix stehen könnte und es wäre genauso gut. Es gibt wahrscheinlich Dutzende von Definitionen des Begriffs „Liedermacher“ und letzten Endes mindestens ebenso viele Leute, die zwar als „Liedermacher“ bezeichnet werden und dennoch aus den jeweiligen Definitionen rausfallen – oder alternativ sind die Erklärungen so allgemein gehalten, dass man locker noch aus anderen Genres Interpreten hinzufügen könnte. Also – keine Panik :) Klar, die Hauptinstrumente sind in diesem Fall zwei Akustik-Gitarren, aber die Musik ist bei weitem eigenständiger und wehrt sich standhaft, in die „Folk“-, „Pop“- oder „Rock“-Schublade gesteckt zu werden.
    Nachdem wir jetzt schon den Begriff „Liedermacher“ entschärft haben, machen wir gleich weiter mit den Worten, die auf dem Cover stehen. Damit meine ich jetzt nicht die Interpreten oder den Titel des Albums, sondern die unten stehenden Worte „Lyrik, Schanksongs, Leierkasten, Groteske“. Reine, unvertonte, gesprochene Lyrik findet man auf dem Album gar nicht, Schanksongs gerade mal einen („Zur Nacht“), weder Leierkasten noch Leierkastenmoritaten sind hier zu hören und die „Groteske“ ist höchstens unterschwellig bei drei oder vier Stücken vorhanden. Was dieser Untertitel soll, ist also eine gute Frage, die an dieser Stelle jedoch nicht beantwortet werden kann. Und schon gar nicht von mir. Sobald ich es rausgefunden habe, wird die Info jedoch nachgeliefert :D
    Gut, nachdem also das alles geklärt ist, gehen wir zum Inhalt des Albums über.
    1999 und 2000 tourten zwei Leute ohne sonderlich festen Tourplan durch deutsche Städte: der Kinder- und Erwachsenenliedermacher Michael Günther aus Ruhlsdorf, einem kleinen Dorf nordöstlich von Berlin, und Sebastian Günther Birr, seines Zeichens Schauspieler und Musiker aus Potsdam. Am 4. August 2000 wurde das von beiden erarbeitete, von vielen Zeitungen gelobte Programm („Bänkelsängers Nachtgesicht“) auf dem „Theaterschiff Potsdam“ dann auch brav mitgeschnitten und noch im selben Jahr auf CD durch das Günther-eigene Bänkelsänger-Label veröffentlicht. Für Michael Günther ist es das vierte Album (und zu diesem Zeitpunkt seine zweite CD), Sebastian G. Birr liefert hier sein Platten-Debüt ab. Für die meisten Lieder zeichnet sich Michael Günther verantwortlich, vier Stücke stammen von Birr, zwei entstanden in Gemeinschaftsarbeit und mit „Ade mein Lieb“ erklingt sogar noch eine Volksweise.
    Die Reise durch das Nachtgesicht beginnt mit einem mittelalterlich anmutenden Titel („Zur Nacht“), auf dem fleißig neben Gitarre mit Tröten und Schellenring gearbeitet wird. Kernaussage: her mit dem Alkohol, wir wollen feiern. Direkt danach fängt der Tanz an – mit dem energiegeladenen „Sing ein Lied für mich“ kommt gleich der erste Höhepunkt des Albums auf einen zu. Ein Stück mit eingängiger Melodie, starkem Text und absolutem Ohrwurmcharakter. Wer jemals in jüngerer Zeit Michael Günther in einem größeren Saal erlebt hat, weiß, wie stark dieses Lied zum Mitsingen anstiften kann. Böse Zungen wollen schon an einem Veranstaltungsort vorbei gegangen sein, als sie von einem hundertfachen „TANZ!!!“ aus dem Gebäude beinahe vom Weg abgedrängt wurden. Schon interessant, was man mit zwei Akustikgitarren und Stimmen an Stimmung erzeugen kann.
    Direkt danach kommt mit „Weshalb? Warum?“ ein ebenfalls eingängiges Lied, allerdings um einiges nachdenklicher und melancholischer. Ein Stück zum Durchatmen, Genießen und Rotwein-Trinken. Anschließend wird mit einer weiteren Strophe das Eröffnungsstück „Zur Nacht“ abgeschlossen.
    Es folgt einer der berüchtigten Zwischentexte. Während Michael Günther solo normalerweise zwischen den Liedern kleine Anekdoten erzählt oder skurrile „Einsichten“ vorliest, waren die Vortexte bei „Bänkelsängers Nachtgesicht“ meistens kurze Geplänkel zwischen den beiden Akteuren, witzige Dialoge, die langsam zum nächsten Stück führten. Es ist faszinierend, wie man innerhalb von zwei Minuten im Dialog von einem geborgten Zehner über Liebeslieder zu einem Nudelholz kommen oder – im Fall von „Blues“ – eine gute Minute dem anderen sinnlos gut zureden kann. Wenn diese Aufnahme einigen Leuten als lustig in Erinnerung geblieben ist, wird das hauptsächlich an diesen Zwischentexten liegen; richtig komische Lieder befinden sich nämlich eigentlich nicht auf diesem Mitschnitt (dazu empfiehlt der Günther-Fachmann das 1997er Live-Album „Lieder, die das Leben so nicht gemeint hat“).
    Mit „Nudelholz“ bringen Günther und Birr ein skurriles und ironisches Lied über Liebeslyrik und Geschlechterbilder. „Typenoffen“ treibt nach einem kurzen Zwischentext (siehe oben) die Ironie sogar noch ein wenig weiter, indem mit Menschentypen und Toleranz gespielt wird.
    „September“ und „Café“ sind Sebastian Birr in Reinkultur. Virtuos, nachdenklich und etwas melancholisch, Element Of Crime trifft Gerhard Schöne oder Hannes Wader. Auch hier finden sich eingängige Melodien, die einem (gerade im Fall von „September“) so schnell nicht mehr aus dem Kopf gehen. Musikalisch kommt er jedoch etwas unselbstständiger rüber als Michael Günther, der letzte Schuss Originalität fehlt ihm leider.
    Anschließend laden die beiden ein zum „Totentanz“, ein Lied über die Kürze des Lebens. Wie schon bei „Zur Nacht“ wirkt auch dieses Stück sehr mittelalterlich, zumal es nur über einen einzigen Akkord geschrieben wurde.
    „Damit du weißt“ könnte man indirekt als den Tiefpunkt des Albums bezeichnen; Musik und Gesangstext stammen wiederum von Birr, eine gesprochene Texteinlage von Günther. Auch hier ist der Einfluss von Element Of Crime spürbar, das Lied wirkt etwas langatmig und leider nicht sonderlich originell. Eine langsamere, nicht ganz so schwungvolle Fortsetzung von „Sing ein Lied für mich“ hebt dann glücklicherweise doch wieder das Niveau merklich an.
    „Oh man wie bin ich traurig“ ist ein lupenreiner Blues … oder vielmehr eine Persiflage auf den typischen Blues. Hier darf Günther stimmlich mal so richtig vom Leder ziehen, bevor mit „Stille Flut“ ein introvertiertes, aber sehr poetisches Liebeslied folgt, das auch heute noch auf keinem Konzert fehlen darf (selbst wenn er sich bei diesem Mitschnitt an einer Stelle mal im Text verhaut).
    Bei „Stiefel“ erinnert Birr dann erneut an Hannes Wader oder Gerhard Schöne. Ein einfaches Stück zum Durchatmen, bevor mit dem letzten Aufguss von „Sing ein Lied für mich“ der Abend ein offizielles Ende findet.
    Mit „Spindelstraße“ und „Ade mein Lieb“ befinden sich auch noch die beiden Zugaben des Abends auf der CD, ebenso wie „Stiefel“ zwei gemütliche Stücke, die man sich gerne anhört und die sich nicht aufdrängen.
    Besonders positiv an diesem Mitschnitt ist, dass man auf Mogeleien verzichtet hat, wie es bei anderen Interpreten schon mal vorkommt. Eingeschlichene Fehler wurden nicht beseitigt, Kürzungen nur sehr selten vorgenommen. Damit bleibt das „Live-Feeling“ erhalten, selbst wenn das Publikum oft kaum zu hören ist.
    Als Nachteil könnte man höchstens vermerken, dass anscheinend beim Zusammenstellen der CD ein Fehler passiert hat und sich somit zwischen den einzelnen Titeln je zwei Sekunden Stille befinden.
    Ein origineller, poetischer und lustiger Liederabend zum Zurücklehnen, Rotwein-Trinken, Schmunzeln, Nachdenken und Einfach-mal-fallen-lassen von einem Liedermacher, der eindeutig Potential hat und hoffentlich schon bald nicht mehr nur als Geheimtipp gehandelt wird.


    - Michael Günther wurde 1970 in Groß Schönebeck geboren und lebte danach in Finowfurt, einem Dorf in unmittelbarer Nähe seines jetzigen Wohnorts Ruhlsdorf. Zwischenzeitlich zog er für eine Weile nach Berlin, Prenzlauer Berg, eine Erfahrung, die zur Entstehung einiger Musiktitel geführt hat („Der Berliner im feindlichen Ausland“, „Zurück auf’s Dorf“, „Weshalb? Wohin?“)
    - Michael Günther ist gelernter Bäcker, wechselte jedoch 1994 ins musikalische Profilager
    - Er ist verheiratet und hat ein Kind.
    - Neben einem Erwachsenenprogramm tritt er auch mit einem eigenen Kinderprogramm auf.
    - Er erhielt 1996 den Publikumspreis beim Liedermachertreffen in Brandenburg und 1999 den Brandenburger Liederpreis.
    - Es existieren einige Aufnahmen zu einem fünften Album, das eigentlich 2002 hätte erscheinen sollen; die Veröffentlichungspläne mussten jedoch aufgrund chronischen Geldmangels seinerzeit eingestampft werden, so dass „Bänkelsängers Nachtgesicht“ das aktuellste Günther-Album ist. Einige Titel des unveröffentlichten Albums wurden trotzdem zu einem festen Bestandteil seines Solo-Programms.
    - Seit 2004 entsteht im mehr oder weniger stillen Kämmerlein Stück für Stück das nächste Album, auf dem er mit einer kompletten Band („Pötschband“) zusammenarbeiten will. Aus diesem Anlass wurden sowohl neue Stücke geschrieben als auch alte Lieder neu arrangiert. Erste Auftritte mit der Band fanden bereits statt, dennoch treibt sich Michael Günther immer noch hauptsächlich solo in deutschen Landen herum.
    - Während sich viele Musiker ziemlich offen entweder in die „Liedermacher“- oder die „Liedermachings“-Schublade einordnen, hat Michael Günther diesbezüglich kaum Berührungsängste und ist auf beiderlei Veranstaltungen zu finden (für Unbedarfte: „Liedermaching“ ist eine aktuelle Unterart des „Liedermachens“, bei der sich die Texte meist in witziger Form mit Sex, Drogen und Musik auseinandersetzen; Interpreten dieser Strömung bezeichnen sich selbst nicht als „Liedermacher“, sondern als „Liedermachings“)
    - Internetseite inkl. Shop und Hörproben: http://www.baenkelsaenger.de

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