Immer mehr Hausarbeiten sind Plagiate. Manche Universitäten fordern jetzt drakonische Strafen.
Von Philipp Mattheis
Niels leidet unter der Studentenkrankheit „Procastination“ zu deutsch "Verschieberitis". Solche Menschen haben Probleme, Dinge unter Zeitdruck zu erledigen. Bei Niels äußert sich seine Krankheit immer dann, wenn er eine Hausarbeit schreiben muss: Fünf Tage vor Abgabetermin noch immer nichts auf dem Papier. So auch letztens, als er die wirtschaftliche Krise des Römischen Kaiserreichs im 3. Jahrhundert analysieren musste. Niels gab die Arbeit pünktlich ab – allerdings war sie nur noch zu einem Drittel "seine". Beim zweiten Drittel hatte er sich noch die Mühe gemacht, ein Werk eines Vorgängers zu paraphrasieren. Als dann auch die Zeit knapp wurde, griff er auf die Tastenkombination "Copy&Paste" zurück. Niels hatte ein kleines schlechtes Gewissen und ein bisschen Angst. Der Professor aber merkte nichts.
Bis zu einem Drittel aller Haus- und Magisterarbeiten werden heute zusammengegoogelt und geklaut, schätzt Debora Weber-Wulff, Autorin des Anti-Plagiat-Programms "Fremde Federn Finden" Noch professioneller geht das auf Seiten wie www.hausarbeiten.de. Die meisten Fälscher bleiben unentdeckt und wenn sie doch auffliegen, bekommen sie vom kulanten Professor eine zweite Chance. Doch Elisabeth Bronfen, Lehrstuhlinhaberin am Englischen Seminar der Universität Zürich fordert jetzt drakonische Maßnahmen gegen Plagiatoren: ein schwarzes Brett, an dem Fotos und Namen der Plagiatssünder aufgehängt werden. Und die Münsteraner Fakultät für Erziehungswissenschaften droht Kopierern sogar mit Exmatrikulation und Geldbußen bis zu 50.000 Euro, hieß es letztens in einem Artikel der Süddeutschen Zeitung.
Schließlich untergraben Plagiatoren ein Grundprinzip der Universität: Studenten sollen dort das eigenständige wissenschaftliche Arbeiten lernen. Copy&Paster sind unfair gegenüber den Studenten, die sich noch die Mühe machen, ihre Arbeit selbstständig zu schreiben.
Entspannter sieht das Romanautor und Professor Umberto Eco. Der Autor des Ratgebers "Wie man eine wissenschaftliche Abschlussarbeit schreibt" meint, gute Plagiate sollten mit einer Eins benotet werden. Schließlich sei auch das geschickte Kopieren eine Kunst, die gewürdigt werden sollte. Außerdem seien die Professoren ja auch selbst Schuld: sie vergeben seit Jahren immer wieder dieselben Themen. Wenn die Lehrstuhlinhaber kreativer in ihrer Themenauswahl seien, würde Klauen keinen mehr Sinn machen – und Menschen wie Niels hätten wieder ein echtes Problem.
Was meint ihr? Ist Kopieren ein Kavaliersdelikt oder Zeichen akademischer Unfähigkeit? Und: Habt ihr selbst schon geklaut?
..... auch wenn's sicherlich keiner zugibt.....