Neues Medikament gegen Multiple-Sklerose auf deutschem Markt

  • Hamburg (dpa) - Erstmals seit Jahren ist eine neue Wirkstoffklasse gegen Multiple Sklerose (MS) in Deutschland auf den Markt gekommen. Das sagte der Chefarzt der Neurologischen Klinik Henriettenstiftung Hannover, Prof. Fedor Heidenreich.


    Das Mittel Tysabri sei ein "wesentlicher Fortschritt" in der Therapie. Eine Heilung von MS sei damit aber nicht möglich, das Medikament verzögere und bremse den Verlauf der neurologischen Erkrankung. Verantwortlich dafür sei ein neuer Wirkmechanismus. Die Abwehrzellen der Patienten können laut Heidenreich damit nicht mehr so gut aus dem Blut ins Gehirn und ins Rückenmark wandern und dort die Umhüllung der Nervenstränge angreifen. Bei Tysabri handle es sich um einen gentechnisch hergestellten Antikörper, der körpereigene Abwehrzellen daran hindere, sich an die Wand der Blutgefäße zu heften.


    Mediziner gehen bislang davon aus, dass die Ursache für MS in einer Störung des körpereigenen Immunsystems liegt. Bislang werden vor allem Beta-Interferone eingesetzt, um den Krankheitsverlauf zu verlangsamen.


    Die Pharmafirmen Biogen Idec und Elan hatten Ende Juni von der Europäischen Kommission die Zulassung für Tysabri (Wirkstoff Natalizumab) erhalten. In Deutschland ist die Substanz nach Firmenangaben seit Anfang Juli auf dem Markt. Den Angaben zufolge ist Tysabri für Patienten geeignet, die trotz Behandlung mit Beta-Interferonen unter einer "hohen Krankheitsaktivität" leiden oder bei denen MS in Schüben rasch voranschreitet.


    Multiple Sklerose ist eine chronische-entzündliche Erkrankung des zentralen Nervensystems, in Deutschland sind von ihr etwa 100 000 bis 120 000 Menschen betroffen.


    Nach Ansicht von Prof. Peter Rieckmann, stellvertretender Vorsitzender der Deutschen Multiple Sklerose Gesellschaft, ist das Mittel in der Therapie effektiver als Beta-Interferone. "Welchen Stellenwert Tysabri in der Zukunft haben wird, ist schwer zu sagen. Es ist eine gute Alternative, wenn Beta-Interferone nicht mehr ausreichend wirksam sind und bevor man eine Chemotherapie einsetzt", sagte Rieckmann, der leitender Oberarzt an der Uniklinik Würzburg ist. Es müsse noch abgewartet werden, welche Langzeitwirkung das Medikament habe. Das lasse sich erst in einigen Jahren beurteilen.


    Patienten könnten an Lebensqualität gewinnen, weil sich der Verlauf der Krankheit verlangsame. Tysabri habe sich in der Monotherapie laut Studien als gut verträglich erwiesen, ein Risiko liege in allergischen Reaktionen auf den Wirkstoff. Das Medikament werde per Infusion ein Mal im Monat verabreicht, Beta-Interferone werden unter die Haut oder in den Muskel injiziert und müssen häufiger gegeben werden. "Die Kosten sind vergleichbar, eine Behandlung mit Beta-Interferonen kostet pro Patient und Jahr zwischen 14 000 und 15 000 Euro", sagte Rieckmann.


    Die US-Gesundheitsbehörde FDA hatte das Mittel kürzlich wieder zugelassen. Die Pharmafirmen hatten im Februar 2005 den Vertrieb von Tysabri gestoppt, nachdem zwei mit dem Mittel behandelte Patienten an einer seltenen Infektion des Nervensystems gestorben waren. Sie waren mit Tysabri, kombiniert mit anderen Medikamenten, behandelt worden. Die Europäische Kommission ließ nun die Behandlung von MS-Patienten ausschließlich mit Tysabri in einer so genannten Monotherapie zu.


    quelle: dpa

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    per Kopf in ferne Zonen
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    jenseits der Grenzen
    deiner selbst