Natascha Kampusch erstmals im Fernsehen

  • Sechsstellige Summen sollen geboten worden sein für das erste Interview mit Natascha Kampusch. Die Vermarktung hat der ORF übernommen, der das Gespräch mit der 18-Jährigen heute ausstrahlt. Lange war unklar, ob sich die junge Frau dem Publikum zeigen würde. Jetzt hat sie sich entschieden: Natascha wird ohne Verkleidung zu sehen sein.

    Von Stephan Ozsváth, ARD-Hörfunkstudio Wien


    Erstmals wird Natascha Kampusch heute Abend selbst vor einer Fernsehkamera zu sehen sein. Der ORF strahlt ein 20-minütiges aufgezeichnetes Interview mit der 18-jährigen aus. Gleichzeitig erscheinen Exklusiv-Gespräche mit ihr im Boulevard-Blatt "Kronenzeitung" und in der Info-Illustrierten "News". Der Absatz ist gesichert. Nach Umfragen bekunden 90 Prozent der Österreicher Interesse an dem Interview.


    ORF vermarktet das Interview


    Die Vermarktung des Interviews hat der ORF übernommen - es liegen mehr als 300 Anfragen von Radio- und TV-Sendern aus aller Welt vor. Für Natascha im Original-Ton sollen sechsstellige Beträge gezahlt worden sein. Alle Erlöse gehen nach Angaben des ORF in einen Fonds. Außerdem hat der Sender ein Spendenkonto eröffnet. Das Geld soll ausschließlich Natascha Kampusch zugute kommen.


    "Der ORF hat sich bereit erklärt, die internationale Verteilung des Interviews zu übernehmen", sagt Nataschas Medienberater Dietmar Ecker. Dies sei angesichts des immensen Interesse sehr wichtig. Sein Auftrag sei es gewesen, Natascha eine Absicherung für die nächsten Jahre zu schaffen, so Eckert. "Sie wird dann noch einen schweren Weg zu bewältigen haben."


    Derzeit lebt Natascha Kampusch von Sozial- und Opferhilfe-Geldern - an unbekanntem Ort, geschützt vor Paparazzi. Dennoch hat sie sich entschieden, im Interview ihr Gesicht zu zeigen. Sie habe selbst an die Öffentlichkeit gehen wollen, beschrieb ORF-Moderator Christoph Feuerstein seinen Eindruck, Der Journalist , der die 18-Jährige bereits gestern nachmittag interviewte. Dies sei eine Art "Flucht nach vorn", um den Medienrummel aktiv zu steuern. Er habe nicht den Eindruck, dass sie von ihren Beratern dazu gedrängt worden sei, so Feuerstein.


    Fragen vorher abgesprochen


    50 Fragen hatte der Journalist vorbereitet. Sie waren abgesprochen. Respekt stand für ihn an erster Stelle für die Interviewführung. Er wolle weniger in den Wunden der Vergangenheit rühren, sagte er, sondern in die Zukunft schauen. Ein Themengebiet war für ihn tabu: "Für mich ist ganz klar, dass ich sie nicht über ihre sexuellen Beziehungen befragen werde", so der Reporter.


    Für den TV-Auftritt mit dem 34-jährigen Journalisten ist Natascha Kampusch von ihrem Medienberater Dietmar Ecker vorbereitet worden. Er bekommt dafür kein Honorar, wie er sagt, aber viel Publicity für seine Firma. Seine PR-Agentur ist die Nummer vier der Branche in Österreich. Früher war er das Sprachrohr von Finanzminister und SPÖ - ein Medienprofi also.


    * RealAudio: [URL=http://www.tagesschau.de/audio/0,2773,OID5882478_NAV_BAB,00.html]Natascha zeigt ihr Gesicht [S. Ozsváth, ARD Wien][/URL]


    Stand: 06.09.2006 08:52 Uhr
    Quelle: [URL=http://www.tagesschau.de/aktuell/meldungen/0,1185,OID5880152_TYP6_THE_NAV_REF3_BAB,00.html]ard.de[/URL]

  • irgendwie doch schon ziemlich pervers, wie die medien nun versuchen eine doch wirklich traurige angelegenheit durch "bestechung" life zu präsentieren und dass alles nur wegen publicity geilheit. aber so ist das halt, abartig und dennoch normal. :kotz:

    Unterwegs sein


    das ist es doch
    per pedes per Rad
    per Bahn per Flugzeug
    per Kopf in ferne Zonen
    zu finden was unauffindbar
    jenseits der Grenzen
    deiner selbst

    2 Mal editiert, zuletzt von jcy ()

  • Zitat

    Original von johnny_cyberpunk
    ..... durch "bestechung" ...


    Eben kam im Radio ein Bericht darüber mit einem Interview mit Christoph Feuerstein, da wurde gesagt das Natascha Kampusch selbst den Wunsch geäußert hat ihre eigene Geschichte zu erzählen, dabei von Medienberater Dietmar Ecker, ihrem Rechsanwalt und einer Psychologin betreut und beraten wurde/wird.


    "Bestechung" ist auch relativ, das Geld was da rein kommt wird sie sicher brauchen können, wo anders wird sicher kein Geld herkommen den "Schadensersatz" wird es sicher nicht geben.

  • Ich hoffe für sie, dass sie irgendwann mal halbwegs normal leben kann. Mit neuer Identität und neuem Wohnsitz. Soll sie jetzt so viel Geld wie es irgendwie geht verdienen. Außer ihrer Geschichte hat sie ja nichts.

  • Beeindruckendes Interview mit einer beindruckenden jungen Frau. Für das, was er ihr angetan hat, möchte man ihn am liebsten ins Leben zurückholen, um ihn seiner gerechten (sofern es die gibt) zuzuführen. Hoffentlich gibt es eine höhrere Instanz, die ihn richten wird.

  • Ich hab's gestern auch gesehen und fand es nicht nur wegen dem erschreckend was man ihr angetan hat, sondern in erster Linie wegen dem was man ihr jetzt antut.
    Ist es denn keinem aufgefallen wie sie immer wieder unsicher zu den "Betreuern" schaute, was in erster Linie der Professor Friedrich war. Immer wieder hat sie sich dort quasi Bestätigung geholt ob das was sie sagt so richtig ist.
    Auch das was sie sagte wirkte oft sehr auswendig gelernt und teils eher wie eine eigene Psychoanalyse als wie selbst erlebtes. Mir scheint eher ihr wurde von ihrem Betreuerstab gesagt was sie zu fühlen hatte. Mir kann doch kein Mensch erzählen dass ein 10 jähriges Kind das gerade entführt wurde sofort gemerkt hat dass der Entführer ein Defizit und eine labile Persönlichkeit hat.
    Auch glaube ich nicht, dass sie sich bewusst in der Gefangenschaft weitergebildet hat. Wie soll das auch gehen? Sie war ja davon abhängig was er ihr an Büchern mitbringt und welche Sendungen er sie schauen lässt.
    Auch dass sie ihn "dazu genötigt" hat mit ihr Weihnachten zu feiern ist absurd. Mir sieht das ganze eher danach aus, dass ihr das ganze von den Psychologen eingeredet wurde um sie hinterher stärker aussehen zu lassen. Dazu passt auch das ganze psychologische Vokabular das sie benutzt hat und das eigentlich nicht selbstverständlich ist für eine 18-jährige, noch dazu wenn man bedenkt, dass sie 8 Jahre lang kaum Kontakt zur Aussenwelt hatte.
    Dazu passt auch ihr Einfall mit der Foundation für verschleppte mexikanische Frauen und das Projekt gegen den Hunger in der Welt. Das ist sicher auch nicht auf ihren eigenen Mist gewachsen, sondern wurde ihr sicher von ihrem "Medienberater" eingeredet.
    Insgesamt habe ich eher den Eindruck, dass sich hier einige Leute auf ihre Kosten profilieren wollen und das hat sie ja indirekt am Anfang bestätigt als sie sagte dass man versucht hat sie zu beeinflussen. Nur denke ich dass man es nicht nur versucht sondern auch geschafft hat.

  • Ich habe zwar nur ca. 15 Minuten (Halbzeitpause) gesehen, aber stimme dir zu, Nicola. Besonders das mit den mexikanischen Frauen (hab ich erst hinterher gelesen) kommt mir sehr spanisch vor (no pun intended). Wobei ich durchaus glaube, dass ihr vieles nicht eingeredet wurde, sondern sie sich das schon in der Gefangenschaft lange zurechtgelegt hat. Wenn man allein ist, redet man oft mit imaginären Gesprächspartnern - sie hat sich ja sicher jahrelang vorgestellt, wie es ist zu entkommen... Diese "Foundation"-Geschichte ist gerade so ein Beispiel. In irgendeinem Zeitungsartikel wird sie in den Jahren darüber gelesen haben und sich mit diesen Frauen im Kopf solidarisiert haben. Ich aknn mir schon vorstellen, dass man ein "Ziel" braucht - außerhalb des Selbsterhaltungstriebes - um das durchzustehen. Und diese Frauen und hungernden Kinder waren ja "schlimmer dran" als sie. Auch das nimmt einem die Verzweiflung, wenn es einem im direkten Vergleich relativ gut geht.
    Auch das mit den "erzwungenen" Feiertagen ist purer Selbstschutz um den Druck abzubauen und imaginär den Spieß umzudrehen.

  • Es wurde ja auch gesagt das die Fragen abgesprochen waren, somit sind sicher auch einige Antworten geprobt worden. Außerdem was das ja nicht Live, so das einige Antworten bestimmt mehrmals "geprobt" werden konnten.
    Nach 8 Jahren Einzelhaft wird ihr das Reden sicher nicht besonders leicht fallen.

  • Zitat

    Original von leocat
    Wobei ich durchaus glaube, dass ihr vieles nicht eingeredet wurde, sondern sie sich das schon in der Gefangenschaft lange zurechtgelegt hat. Wenn man allein ist, redet man oft mit imaginären Gesprächspartnern - sie hat sich ja sicher jahrelang vorgestellt, wie es ist zu entkommen...


    Das ist klar, dass jemand in so einer hilflosen Situation versucht sich auf andere Weise durchzusetzen oder zu behaupten. Nur passte das Vokabular das sie genutzt hat einfach nicht dazu. Wenn's darum ging ihre oder die Situation des Täters zu beschreiben hat sie häufig Formulierungen benutzt wie sie auch Psychologen und Psychiater benutzen würden. Andererseits hat sie wenn es um ihre Erlebnisse nach der Flucht ging häufig um Formulierungen ringen müssen und sich dann in einer eher einfachen Sprache ausgedrückt. Den Unterschied fand ich schon ziemlich krass und mit Sicherheit nicht zufällig.


    Ich wünsche ihr jedenfalls, dass die Medien sie jetzt endlich in Ruhe lassen und sie jetzt endlich Zeit hat ihr Leben neu zu ordnen.