Sherlock Holmes - Das Zeichen der Vier


  • Genre: Krimi
    Label: Titania Medien
    Laufzeit: . ca. 128 Min
    Erscheinungsjahr: 2004

    Preis: Euro 14,99
    ISBN: 3937273018


    Inhalt(Cover):
    „London 1888
    In Mary Morstans Leben ereignet sich Merkwürdiges. Alljährlich erhält sie anonym eine wertvolle Perle zugesandt. Nun hat sie auch noch ein Unbekannter zu einem Treffpunkt bestellt. Besteht ein Zusammenhang mit ihrem vor Jahren spurlos verschwundenen Vater? Sherlock Holmes und sein treuer Freund Dr. Watson tun ihr Bestes, den mysteriösen Fall ihrer jungen Klientin aufzuklären. Dabei geraten sie in ein gefährliches Abenteuer um einen märchenhaften Schatz. Schon bald gibt es einen Toten. Tatwaffe: vergifteter Dorn...“


    Kritik:
    Leute, Leute, eine wahre Inflation von Sherlock Holmes Geschichten überschwemmt im Moment den Hörspiel-/Hörbuchmarkt. Dem Fan gepflegter Krimiunterhaltung kann dies nur Recht sein. Denn qualitativ hochwertig sind alle Produktionen. Damit ist Hörspaß in jedem Fall garantiert.


    Vom Label Titania Medien liegt nun als zweiter „Krimiklassiker“ auch eine Holmes Geschichte in Hörspielform vor. „Das Zeichen der Vier“, so der Titel der Story wurde allerdings bereits mehrfach vertont. Warum also noch eine Vertonung der Geschichte? – Nun, die Antwort auf diese Frage kann uns nur das Label selbst liefern. Allerdings kann man nach Hören der Geschichte vielleicht vermuten, warum! Titania wollte einfach beweisen, dass man in der Lage ist, die bester aller Vertonungen der Doylschen Geschichte zu produzieren.


    Was meine Hörerfahrungen angeht und meine Kenntnisse der zur Geschichte produzierten Hörspielvertonungen betrifft, so erlaube ich mir das Urteil, dass das – zugegeben nur von mir vermutete Ansinnen der Titania Macher – eindeutig … na? …. genau… gelungen ist. Auch mit dieser Geschichte setzt Titania nämlich die Reihe perfekt produzierter Hörspiele fort und beweist, dass die bisher in Punkto Qualität herausragenden Hörspiele keine „Eintagsfliegen“ sind. Warum ich dies meine und warum dieses Hörspiel zu den eindeutig besten Sherlock Holmes Hörspielvertonungen gehört, will ich nachfolgend begründen:


    1. Inhalt:


    Inhaltlich bietet die Geschichte das obligatorische kriminalistische Rätsel, das natürlich erst zum Ende hin gelöst wird und den ermittelnden Detektiv, seinen Gehilfen und ebenso den mit Spannung lauschenden Zuhörer bis dahin gekonnt denksporttechnisch fordert. Was ist das Zeichen der Vier? In welchem Zusammenhang steht es mit dem Tod von Major Sholto und Captain Morstan? Welche Rolle spielt der mysteriöse Einbeinige in der Geschichte? Fragen über Fragen, deren Beantwortung äußerst diffizil ist und die den Rahmen für ein perfektes Holmes Abenteuer abgeben.


    2. Dramaturgie/Handlungsführung:


    Über 2 CDs und mehr als 120 Minuten erstreckt sich die Geschichte. Viel Zeit für langatmige Dialoge und der Ausbreitung von Nebensächlichkeiten. Tja, wenn man es falsch angeht schon. Das Hörspiel nutzt die Zeit allerdings um die Daten, Fakten und Action zu einer passenden Symbiose zu verweben. Langeweile? Fehlanzeige! Gekonnt steigern sich die Spannungsbögen bis zum finalen Showdown. Dabei wird die anfänglich verworrene Geschichte nach und nach transparent gemacht, das unergründliche Geheimnis sukzessive entschlüsselt. Endlich wird der Story um das „Zeichen der Vier“ die Zeit eingeräumt, die für das Verstehen der Geschichte notwendig ist. Im Vergleich zu anderen Produktionen wirkt hier entsprechend nichts gekürzt, komprimiert oder weggelassen. Der Zuhörer wird nicht durch die (komplexe) Handlung gehetzt, er muss sich nicht Teile des Geschehens zusammenreimen. Chapeau ! Der verworrene und komplizierte Inhalt wird passend „aufbereitet“, verständlich erzählt, Rückblenden erläutern dabei das momentane Geschehen.


    3. Sprecher / Sprachduktus:


    Im begleitenden Exposee zu diesem Titel gibt Titania Medien an, die Charaktere des Holmes und Watson quasi vorsätzlich mit jungen Sprechern besetzt zu haben um damit der literarischen Vorlage Rechnung zu tragen. Voila, der junge Holmes kommt genau so „rüber“, wie ich mir einen jungen, eitlen, britischen Besserwisser vorstelle. Detlef Bierstedt in der Rolle des Watson passt stimmlich allerdings nur bedingt. Zwar ist seine schauspielerische Leistung einfach klasse und hier gibt es sicherlich nichts auszusetzen, auch die typischen Wortgefechte zwischen Herrn und Meister und dümmlichen Gehilfen sind wunderbar umgesetzt, aber Watson klingt mir einfach eine Spur zu forsch, ein wenig zu bestimmend. Das mag daran liegen, dass man aus anderen Holmes Produktionen anderes gewohnt ist und man nur ungern lieb gewonnenes aufgibt.


    Wie dem auch sei, sprachlich passt wieder alles: Äußerst aristokratisch-eloquent äußert sich der Meisterdetektiv. Schön „altbacken“ geschraubt, dabei aber keineswegs ermüdend ist Wortwahl und Satzbau der gesprochenen Dialoge. Der Sprachduktus passt sich damit famos in die virtuell gestaltete, Ende des 19. Jahrhunderts spielende Szenerie ein. Ein besonderes Bonbon sind hierbei die sarkastisch-ironischen Einlassungen des Holmes. Sei es in Bezug auf die offenkundig gegen null tendierenden kriminalistischen Fähigkeiten des im Falle „Zeichen der Vier“ ermittelnden Inspektors oder in Bezug auf seine vorgebrachten, argumentativ wie immer einwandfrei begründeten Vorbehalte gegenüber allen Vertretern des weiblichen Geschlechts.


    4. Musik, Sound, Effekte


    Zur Musik lässt sich festhalten, dass Manuel Rösler wieder einmal verantwortlich zeichnet für die geniale orchestrale Untermalung des Hörspiels. Qualitativ perfekt, hätte ich mir ein wenig „mehr“ Musikuntermalung im Hörspiel gewünscht. Sound und Effekte passen wunderbar zum Hörspiel und untermauern den zeitlich „authentischen“ Eindruck des Gesamtwerkes.


    Fazit:
    Bon! Wieder einmal ein nahezu perfektes Hörspiel aus dem Hause Titania Medien. Mit Bedacht wählen die hinter dem Label stehenden Produzenten die zu vertonenden literarischen Vorlagen aus und schaffen mit der genialen Sprecherriege, einem fehlerfreien Skript und der bravourösen Sounduntermalung mit jedem ihrer Werke – zumindest in Meinen Augen .. äh… nach meinen Ohren – ein hörspieltechnisches Meisterwerk. Gratulation auch für diese Produktion. Exzellent!

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  • Vielen Dank für die wohlwollende und sehr gründliche Rezension, die einen Aspekt anspricht, über den es sich vielleicht zu diskutieren lohnt.


    Die Tradition, Watson als subalternen Trottel darzustellen, beginnt eigentlich erst mit den amerikanischen Holmes-Verfilmungen aus den dreißiger und vierziger Jahren mit Basil Rathbone und Nigel Bruce, die ja bis auf die Namen oft nur wenig mit der titelgebenden Erzählung zu tun haben. Rathbone ist der clevere und tatkräftige Held, der auch gerne mal zuschlägt und Watson der gutmütige Kretin, der über den Hutständer stolpert.


    Nichts davon finden wir bei Doyle! Ganz im Gegenteil: Watson hat sich sein Studium selbst finanzieren müssen, war Jahrgangsbester und persönlicher Assistent eines bekannten Chirurgen,m bevor er sich freiwillig zum Militärdienst im damals wie heute extrem gefährlichen Afghanistan meldete. Als ehemaliger Offizier ist er natürlich auch im zivilen Leben das Befehlen gewohnt - und steckt, wenn es gefährlich wird, seinen Revolver ein. Da seine Praxis, die er nach dem "Zeichen der Vier" eröffnet, hervorragend läuft, können wir davon ausgehen, dass er ebenfalls ein guter Arzt ist, wozu bekanntlich eine gewise geistige Regheit gehört. Nicht zuletzt ist er auch noch ein eloquenter, gebildeter und erfolgreicher Schriftsteller, dessen Geschichten regelmäßig in großen Tageszeitungen gedruckt werden. Alles in allem ein Lebenslauf, der sich in geradezu auffälliger Weise mit dem seines Schöpfers, Sir Arthur Conan Doyle deckt! Allerdings war dieser nicht in Afghanistan, sondern in Südafrika stationiert.


    Ich habe mich immer schon darüber geärgert, dass Watsons Charakter regelmäßig verfälscht wurde - insofern bin ich heilfroh, dass Marc und Stephan diese kluge und mutige Entscheidung getroffen haben, die Charaktere so zu zeichnen, wie sie von ihrem Autor beschrieben werden. Und natürlich auch über den Besetzungsclou, John Watson von "George Clooney" sprechen zu lassen. Im Ernst - eine Frau wie Mary Morstan verliebt sich doch nicht in ein tumbes Weichei, oder?


    Erstaunlicherweise scheint aber unter Hörspielfreunden ein anderes Watson-Bild vorzuherrschen, das mir immer etwas zu einseitig und langweilig erschien. Wie seht ihr das? Wie sieht euer "Lieblings-Watson" aus?


    Manuel

  • Hi Manuel,


    eine interessante Frage! Für mich war Watson bisher immer das für die Heorisierung des Meisterdetektivs notwendige Anhängsel, das zur klaren und eindeutigen Hervorhebung der intellektuellen Fähigkeiten des Sherlock Holmes notwendiger Weise den dümmlichen Part zu spielen hat. Holmes Geschichten habe ich vor gaaaaaanz langer Zeit einmal gelesen. Ob Watson dort besser "weg" kommt, kann ich leider nicht mehr sagen.


    Ich denke jedoch, dass man durchaus auch mit einem selbstbewußteren Watson zurecht kommen kann. Mithin ist es natürlich immer eine Frage, wie interessant dann die Interaktion zwischen Meister und Gehilfen ausfällt. Übertreiben darf man hier aber nicht. Zumindest nicht derart, dass der Adlatus den Meister bei der Lösung der Kriminalfälle intellektuell überflügelt. Ein "forscher" Watson macht insofern insbesondere in den Dialogen sicher viel Spass. Ein paar rhetorische Schlagabtausche, ein paar sarkastische Bermerkungen - das ist oftmals das fehlende Salz in der Suppe guter Hörspielunterhaltung.