Hörspiele: 2x Fünf Wochen im Ballon [maritim & kiosk]

  • Fünf Wochen im Ballon


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    Coverquelle: www.jules-verne-hoerspiele.de


    Ausgaben:
    Maritim, LP: 47 498 NW, MC: 48 498 UW (1977)


    Seite 1: 20:23, Seite 2: 19:38
    adaptierte Kapitel [in der Reihenfolge der Bearbeitung]: 2/3 (frei in Dialogform umgestaltet: Joe und Pamela sowie Dick & Elsbeth Kennedy diskutieren Dr. Fergussons Plan), 5/6 (vergangene Expeditionen und Gewichtsmessung), 11 (Auf Zansibar: Der Konsul und die Ballontaufe), 12 (Angriff mit Pfeilen), 21/22 (Der Missionar), 16 (Das Gewitter), 18 (Die Quellen des Nils), 24 (Timbuktu), sowie: Ganda-Episode & Schluß in London (frei erfunden)


    Regie: Toyo Tanaka, Buch: Joachim von Ulmann, Geräusche: Heinz Eisinger, Ton: Christa Rentsch & Horst Grosse, Produktion: Wolf Brümmel


    Mit Rolf Manero (Dr. Samuel Fergusson), Michael von Rospatt (Joe), Henry König (Dick Kennedy), Gerda Gmelin (Pamela), Hermine Gonnermann (Elsbeth Kennedy), Rolf Jahncke (Pfarrer Postel), Günther Kieslich (Konsul Weingard), Heidi Schaffrath (Ganda), Kai Petri (Häuptling)


    Inhalt (Inlay-Text): "Fünf Wochen im Ballon" war der Roman, der Jules Verne über Nacht berühmt machte. Die drei Forscher, Fergusson, Kennedy und der Diener Joe, erleben die spannendsten Abenteuer bei ihrer Ballonfahrt über das unentdeckte Afrika. Trotz wilder Tiere, Hitze, Durst, Stürmen, Regengüssen und Fieber machen sie eine weltbewegende Entdeckung.


    Kritik: Die Hörspielproduktionen von Toyo Tanaka tendieren dazu, allzu lieb und brav zu sein. Dieses Jules Verne-Abenteuer ist da keine Ausnahme. Joachim von Ulmann hat Vernes Roman dabei mit reichlich frei erfundenen Zutaten garniert. Da ist zum einen die Haushälterin Pamela, die den Haushalt des Prof. Fergusson ergänzt. In einem nahezu endlosen Dialog diskutieren sie und Joe die Nachrichten aus dem 'Daily Telegraph', der die Expedition ihres Herrn ankündigt. Die Art des aufgesetzten, putzig wirkend sollenden Humors, der dabei verwandt wird, zerrt schon etwas an den Nerven des Zuhörers.


    Nicht weniger 'liebevoll' präsentiert sich der Haussegen bei den Knnedys. Auseiner kurz erwähnten Haushälterin Elsbeth hat Autor Ulmann eine treu sorgende Ehefrau erschaffen, die die Absichten ihres etwas unterbelichtet erscheinenden Ehemanns stets voraussieht.


    Hörbar wird dies Produktion eigentlich erst mit Beginn des Abenteuers, was sich nun ersteinmal wieder enger an der Vorlage orientiert. Aber auch hier beweist der Autor seinen eigenen Kopf und drückt etwa den Konsul die ständige Redensart 'Ja, das stimmt' in den Mund. Aber auch die rolle des armen Missionars ist erweitert, noch bevor ihn die drei Freunde im Ballon aufspüren, man hört ihn im Dialog mit einem freilich äußert schweigsamen Ureinwohner.


    Nachdem die Nilquellen gefunden und auch einige Wind- und Wetterwechsel überstandn sind, erinnerte sich ULmann höchst wahrscheinlich der Filmversion mit Cedric Hardwick und Peter Lorre, in der die Gefährten ein leicht beschürztes Eingeborenenmädel vor bösen, bösen Männern retten und mitnach Hause nehmen. Und so darf nun hier Joe eben genau dasselbe tun und die schmucke Ganda mit nach Hause nehmen, Hochzeit inklusive.


    Fazit: Nach den ersten 10 Minuten leidlich spannend.

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    Coverquelle: www.jules-verne-hoerspiele.de


    Ausgaben:
    Teldec Kiosk MC: 424416 (1980)
    Klax 2861 (1982)
    Eins Extra 10102 (1988)


    Länge: ca. 60 min
    adaptierte Kapitel: 1 (Die Tagung), 2 (in Dialogform umgestaltet: Dr. Fergussons Plan), 3 (Dick Kennedy), 5/6 (vergangene Expeditionen und Gewichtsmessung), 7 (Das Luftschiff), 8/9 (An Bord der 'Resolute'), 10 (Die Lenkung des Ballons), 11 (Auf Zansibar: nur die Ballontaufe), 12 (Überquerung der Meeresenge), 15 (nur kurze Erwähnung von Kazeh), 16 (Das Gewitter), 18 (bei den Nilquellen), 21/22 (Der Missionar), 23 (Gold), 26/27 (Die Hitze, der Samum & die Oase), 31-32 (Der Tschadsee, die Lämmergeier, der Riß in der Ballonhülle & Joes Absturz), 33 (Die Reparatur der Ballonhülle) 36/37 (Joes Rettung) , 40-41 (Der Wind, aller Ballast über Bord & Die Überquerung der Berge), 42 (Die Feuersbrunst), 43 (Die letzten Kilometer Luftfahrt), 44 (Die französischen Soldaten)

    Regie, Buch & Produktion: Kurt Vethake, Ton: Wolfgang Loos, Boris Balin, Musik: [Glocken von Big Ben, engl. Nationalhymne]


    Sprecher: Klaus Jepsen (Dr. Samuel Fergusson), Peter Schiff (Joe, sein Diener), Uwe Paulsen (Dick Kennedy), Achilles Grunewald [= Uwe Paulsen] (Sir Francis Montbottom, Präsident der Geographischen Gesellschaft), Klaus Jepsen [ungenannt] (1. Mitglied der Geographischen Gesellschaft), Peter Schiff (2. Mitglied der Geographischen Gesellschaft), Harald Hofer [= Uwe Paulsen] Kapitän Pennet, Hermann Nespech [= Klaus Jepsen] (Schiffsjunge), Peter Schiff [ungenannt] (Matrose), Uwe Paulsen [ungenannt] (Missionar), Uwe Paulsen [ungenannt] (Leutnant), Klaus Seibert [= Klaus Jepsen] (Erzähler)


    Inhalt (Inlay-Text): 1862 plant Dr. Fergusson mit seinem Freund Kennedy und Diener Joe eine aufsehenerregende Forschungsreise. Sie wollen in einem Ballon den afrikanischen Kontinent von Posten nach Westen überfliegen, um das Rätsel der Nilquellen zu lösen. Ein schier unmögliches Vorhaben! Dr. Fergusson hört auf keine Warnung - er startet. Unglaubliche Ereignisse stehen ihnen bevor.


    Kritik: Einmal mehr hat Kurt Vethake eine einwandfreie Bearbeitung fertiggebracht, woran es allerdings hapert, ist die Ausführung. Bei den Kurt-Vethake-Produktionen der späten 70er Jahre wird man zwar leider des öffteren mit Zeit- und Drittrollen mancher Sprecher konfrontiert, in dieser Aufnahme (sowie der Produktionszwilling 'Expedition zur verbotenen Stadt') schießt Vethake diesmal aber den Vogel ab: Nur drei Sprecher müssen neben den regulären Hauptrollen Fergusson, Kennedy und Joe auch alle anderen Rollen bewältigen: Was zuviel ist, ist aber zuviel. Wann etwa immer ein Franzose zu hören ist, sei es als Kapitän, Missionar oder Soldat, stets ist es Uwe Paulsens akzentbeladene Stimme.


    Von dieser doch schweren Beinträchtigung des Hörgenusses abgesehen, ist die Ballonreise aber sehr schön eingespielt worden, mit wie üblich professionellen, aber auch aus anderen Produktion sattsam bekannten Geräuschen aus der Tonkonserve. Im Gegensatz zur Maritim-Aufnahme gibt es mehr Drive und Athmosphäre, auch werden die einzelnen Abenteuer authentisch und in größerer Anzahl wiedergegeben (s.o. unter 'adaptierte Kapitel') und so der Eindruck einer Querung des Kontinentes besser vermittelt. Die Aufahme von Toyo-Tanaka wirkt dagegen doch eher wie in verlängerter Wochenausflug in den Busch.


    Fazit: Falls sie sich nicht an der Minimalbesetzung stören, kommen Freunde eines gepflegten Kurt-Vethake-Hörspieles durchaus auf ihre Kosten, vom Standpunkt des Jules-Verne- Hörers aber, der vorallem eine einwandfreie Aufnahme des Romans erwartet, dürfte auch diese Produktion jedoch nicht wirklich vollens befriedigen.

    2 Mal editiert, zuletzt von Thosch ()

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  • Hi Thosch, erstmal vielen Dank für Deine beiden Rezis!


    Ich finde Deine Herangehensweise sehr interessant: Das Hörspiel mit dem Buch direkt zu vergleichen und eine "Vollständigkeitsliste" zu erstellen. Habe ich so auch noch nicht gesehen. :respekt:


    Die Maritim-Version von Toyo Tanaka muß ich allerdings verteidigen! Warum? Nun, dieses Hörspiel hat bei mir den Kindheits-Bonus oder Nostalgie-Faktor! :] Ich habe es als Kind sehr oft und sehr gerne gehört, und wenn ich es heute noch einmal höre, fühle ich mich natürlich Jahre zurückversetzt. Ich bin ja eigentlich auch jemand, gerade bei Jules Verne, der sehr darauf achtet, ob die Vorlage eingehalten wird. Doch beim Nostalgie-Faktor werde auch ich schwach! Gehört eine dümmliche Person, so wie Dick Kennedy in dieser Hörspielversion, nicht einfach dazu? Je dümmer die Person, desto mehr hat man doch gelacht. (Ich erinnere mich an alte Jerry Lewis Filme, die mir heute allerdings unerträglich vorkommen...) Dem gegenüber eine so strahlende Person wie Dr. Fergusson. Ein guter Kontrast.
    Aber Du hast natürlich recht: Als Verne-Purist findet man in beiden Hörspielversionen Kritikpunkte. Wäre da nicht der Nostalgie-Faktor... ;)

  • Hi Poldi,


    Was Joe Kennedy angeht, so finde ich ihn (mal wieder, was Diener-Figuren angeht) von Peter Schiff sehr gut wiedergeben. Rospatt ist mir da manchmal zu gekünstelt naiv. Wie er etwa gleich dreimal Pamela unterbricht, weil er nicht glauben will, daß sein Profssor wieder eine Expedition plant, nein, so etwas finde ich einfach zu aufgesetzt und übertrieben, wie sich überhaupt die ganze Einleitung in die Länge zieht und zieht ... Da ist mir etwa der 'Ja, das stimmt'-Konsul schon lieber.


    Ich bin ja nun auch nicht grundsätzlich dagegen, daß Hörspielautoren mal ein eigenes Süppchen kochen und etwas gegenüber der Vorlage verändern. Das gilt z.B. gerade auch bei Verne hinsichtlich zusätzlicher weiblicher Figuren, so wie es etwa auch in den Verfilmungen Usus war und ist. Nur hätte ich schon gern, daß solche neuen Einfälle auch passend sind, so wie etwa der Monolog des Missionars oder das Eingeborenenmädchen Ganda, die ist ja eine recht hübsche (geklaute) Idee ist.


    Bei der Tanaka-Version der 'geheimnisvollen Insel' z.B. - eine ausführliche Rezi (wieder mit Vergleich zur Vethake-Version) folgt in den nächsten Tagen - ist der Einfall, Kapitän Nemo eine Tochter an die Hand zu geben doch ziemlich daneben geraten, hätte die Adaption wie in dem Film hingegen einige zusätzliche weibliche Schiffsbrüchige an Land geschwemmt, hätte ich das wohl akzeptiert.


    Auf die Idee mit dem Hörspielvergleich und den Kapitelangaben kam ich übrigens vorallendingen deshalb, weil man beim Hören der beiden Versionen schon ein wenig den Eindruck hat, zwei zwar ähnlichen aber nicht identischen Erzählungen zu lauschen.


    Und was den Nostalgiefaktor angeht, nun ja, ich kenne die Vethake-Version zwar erst seit ein paar Jahren, aber die Stimmen sind mir seit Kindertagen so wohl vertraut, daß ich persönlich selbst die Ungeheuerlichkeit einer Drei-Mann-Bestezung verzeihen kann. :DD

  • Und noch noch wie versprochen als Ergänzung die Identifizierung der genauen Textvorlage. Auch die letzte Jules-Verne Adaption von Kurt Vethake orientiert sich an der Übersetzung aus dem Verlag Bärmeier & Nikel. Dies macht alleine schon der Anfang überdeutlich:


    Bärmeier+Nikel-Übersetzung: Vor den Augen und Ohren einer riesigen Zuschauermenge wurde am 14 Januar 1862 eine denkwürdige Sitzung der Königlichen Gesellschaft für Geographie, London, Waterlooplace 3, abgehalten. Präsident Sir Francis M. hatte seinen gelehrten Kollegen eine Mitteilung zu machen, deren mitreißende Formulierungen stürmischen Applaus erhielten. Nach der rhetorischen Glanzleitung des Präsidenten folgte ein Schwall blecherner patriotischer Phrasen.
    "Die Unerschrockenheit seiner geographischen Forscher und Entdeckungsreisenden hat England an die Spitze der Nationen gerückt ..."
    (Zustimmende Zwischenrufe)
    "Stimmt es, und ist es nötig, daß Doktor Samuel Fergusson seine englische Staatsangehörigkeit verleugnet ...?"
    "Aber nein, keineswegs ...!"
    "Wenn er Erfolg hat, werden die weißen Flecken auf den Karten Afrikas endgültig verschwinden ..."
    (Donnernder Applaus)
    "Und wenn sie mißglückt ...?"
    "... wird sie zumindestens zu den verwegensten Projekten des menschlichen Genies zählen ..."
    (Anhaltendes Getrampel)
    "God save the Queen!" brüllte die enragierte Gesellschaft. "Hoch der Doktor Fergusson!"


    Vethake-Hörspielfassung: Am 14 Januar 1862 wurde von der Königlichen Gesellschaft für Geographie in London eine denkwürdige Sitzung abgehalten. Präsident Sir Francis Mountbattan hatte seinen gelehrten Kollegen eine Mitteilung zu machen, die bei den Mitgliedern geteilte Aufnahme fand.
    (Stimmenwirrwarr: ) "Das gibt's doch alle gar nicht!" - "Nein, nein!" - "Ruhe, Ruhe!"
    "Meine sehr verehrten Kollegen. Vergessen Sie nicht: Die Unerschrockenheit seiner geographischen Forschungs- und Entdeckungsreisenden hat England an die Spitze der Nationen gerückt ..."

    (Zustimmende Zwischenrufe: ) "Bravo, bravo!"
    "Herr Präsident, stimmt es, daß Doktor Samuel Fergusson seine englische Staatsbürgerschaft verleugnet ...?"
    "Aber nein, keineswegs ...!"
    "Liebe Kollegen, liebe Kollegen, bitte bedenken Sie, wenn Dr. Fergusson Erfolg hat, werden die letzten weißen Flecken auf den Landkarten Afrikas verschwinden ... und das durch einen Mann, der Engländer ist"
    (Donnernder Applaus: ) "Ja!" - "Bravo, bravo!"
    "Und ... und wenn seine Expedition mißglückt ...?"
    "Niemals, niemals wird ein Dr. Ferguson scheitern!"
    "Selbst wenn ihm diesmal der Erfolg versagt sein sollte, wird sein Plan zu den verwegensten Projekten des menschlichen Geistes zählen ..."

    (Anhaltendes Getrampel: ) "Ja!" - "Bravo!"
    "Ich bin sicher, daß Dr. Fergusson Erfolg haben wird. Keiner hier im Saal kann bestreiten, welche Strapazen er bereits für die Erforschung unserer Welt zur Ehre unseres Vaterlandes auf sich genommen hat!"

    "God save the Queen! Hoch der Doktor Fergusson! Hoch, Hoch, hoch!!!"


    Ferner ergänzt Kurt Vethake mal wieder hier und da einen Dialog im lockeren Stil der Bärmeier+Nikel-Übersetzung, so etwa auch anfangs der Rede des Dr. Fergusson, welche auf dem im Buch abgedruckten Artikel aus dem Daily Telegraph beruht: Ein moderner Ödipus - Er will das Rätsel der Sphinx Afrika lösen!. Dabei baut Vethake gar einen anachronistischen Scherz ein: Meine Herren, man hat mich einen modernen Ödipus genannt ..." (Lachen) "Sie irren, wenn sie dabei an einen gewissen Komplex denken." (Lachen) "... was meine Person betrifft, so handelt es sich vielmehr um das Rätsel, das dieser Königsohn zu lösen versuchte. Natürlich aber war der sogenannte Ödipuskomplex im Jahre 1862 von Sigmund Freud noch gar nicht formuliert worden. Diese Stelle ist zudem noch in anderer Hinsicht bemerkenswert, da man beim zweimaligen Lachen neben der Stimme von Peter Schiff auch die des 1980 nicht mehr bei Vethake-Aufnahmen aktiven Eberhard Krug erkennt, also eindeutig ein Lachen aus der Schallkonserve. Ebenfalls aus dem Hörband-Archiv dürfte in der oben zitierten Eingangsszene auch der Zwischenruf "Das gibt's doch alle gar nicht!" kommen, da dieser höchstwahrscheinlich von dem gleichfalls in diesem Hörspiel nicht aktiven Rolf Marnitz stammt.


    Man findet Anachronistisches übrigens auch im Text der Bärmeier+Nikel-Ausgabe, so etwa, wenn Fergusson im Angesicht der Hombri-Berge träumerisch ausruft: "Hier könnte Dracula wohnen ...". Dieser Roman war 1862 freilich noch gar nicht geschrieben. Und so wird im Original dann auch ein anderer, heute nicht mehr ganz so populärer Schauerroman angesprochen, entsprechend heißt es bei Diogenes: "Ein Schauplatz wie aus den 'Mystères d'Udophe'" sagte der Doktor. "Ann Radcliffe hätte sich nichts Schauerlicheres einfallen lassen können.


    Ein weiterer schöner verlängerter Scherz Vethakes findet sich außerdem noch beim Wassertrinken in der Oase. Zunächst die Bärmeier+Nikel-Übersetzung: "Wir sind schöne Helden" sagte Fergusson. "eine trockene Kehle schafft es schon, uns um den Verstand zu bringen." - "Manchmal ist eben ein bißchen Wasser dem Menschen nötiger als ein bißchen Verstand", antwortete Joe.


    Bei Kurt Vethake klingt es dann so: (Fergusson: ) "Wir sind schöne Helden. Eine trockene Kehle schafft es schon, uns um den Verstand zu bringen." - (Joe: ) "Manchmal ist das Wasser für den Menschen wichtiger als ein bißchen Verstand" - (Kennedy: ) "Ohne Verstand kann man leben, ohne Wasser nicht!"


    Schließlich nochmal ein genauerer Überblick über die ausgespielten Szenen, wobei sich die Kapitelangaben hier (im Gegensatz zur obigen Rezensions-Kurzübersicht) alleine auf die Bärmeier+Nikel-Ausgabe beziehen:
    Seite 1:Die Sitzung der Königlichen gesellschaft für Geographie (1 Anfang), Der Vortrag Fergussons (1), Dick Kennedy (2), "Du gönnst mir den Ruhm wohl nicht, du Halunke!" (3), Joe, der Diener (4a), Der Ballon (4b), Auf der 'Resolute' (5), Jo auf dem Achterdeck (6 Anfang), Die Konstruktion des Ballons (6), "Ich taufe dich 'Victoria" (7), "Wie lächerlich sind Dampferfahrten!" (8), "Dieser Ballon istein Segen!" (9), Das Gewitter (10), "Das ist die Quele des Nils!" (11 Anfang), "Hier aber beginnt unsere Expedition!" (11), Die Nachtwache (12, Anfang) Schnitt in der Szene, Seite 2: "Courage, nous verrons de vous sauver!" (12, Fortsetzung der Szene), "Er lebt!" (12, Mitte), "Erzählen Sie von Europa und von Frankreich." (12 Anfang vom Ende), "Was, Gold?" (12 Ende/13 Anfang), "Wasser, nun sind wir gerettet!" (13), Die flügellahme 'Victoria' (14, Anfang), "Da, dadrüben, der Sanum!" (14 Mitte), In der Oase (14 Ende, 15), Die Lämmergeier (16), "Aus, das ist das Ende der 'Victoria'" (16 Ende) "Der arne Joe!" (17 Anfang), "Es bleiben noch 85 kg übrig." (17), "Siehst du die Staubwolke davorne?" (18), "Timbuktu sehen und dann sterben!" (18 Ende), "Wir haben nicht einmal Kleestoff dabei!" (20), "Unser Gasdruck läßt ständig nach." (21) "Hat der Ballon nicht vielleicht doch einen Riß?" (22 Anfang), "Über dem Senegal gibt es keine Brücken!" (22 Mitte), "Feuer, Feuer!!" (22 Ende / 23 Anfang) "Joe, wirf alles raus!" / Die Nationalhyme (23)


    Die Maritim-Produktion von Toyo Tanaka und Wolf Brümmel ist, wie bereits in der Rezension ausgeführt, gegenüber der Originalhandlung von Verne umfangreich bearbeitet und dabei auch mit neuen Figuren und Dialogen versehen. Insofern läßt sich die zugrundeliegende Übersetzung nicht so leicht auf dem ersten Blick bestimmen. Es dürfte sich aber gleichfalls um die Übersetzung von Bärmeier & Nikel handeln, die als primäre Textgrundlage auch für diese Hörspielbearbeitung diente. dies zeigen einige spezifische Formulierungen, die nur aus jener Textfassung übernommen worden sein können. Als Beispiel sei znunächst ein Stelle um die Entdeckung der Nilquellen zitiert:


    "Seht da unten. Das ist der Wasserfall von Makado. Ab hier beginnt unsere Expedition."


    Das entsprechende Zitat aus der Bärmeier+Nikel-Fassung ist etwas ausführlicher: Der Ballon hatte jetzt den Wasserfall von Makado erreicht, in der ferne erschien der Gipfel des Logweks, den die Araber "Zitterberg" nannten. - "Bis hierher ist andrea Debono vorgestoßen, alles Land hinter dem Zitterberg ist noch unerforscht", sagte der Doktor. "Wir haben bis jetzt nicht viel mehr gesehen als andere Forscher auch. Hier aber beginnt unsere Expedition.


    In anderen übersetzungen liest sich das ganz anders, so etwa in der ausführlichen Diogenes-Version: "Das sind die Katarakte von Makedo, drei Breitengrade entfernt. Alles stimmt haargenau! Ein Jammer, daß wir dem Nil nicht wenigstens noch ein paar Stunden folgen können."
    "Und da unten, gerade vor uns?" fragte der Jäger. "Das sind doch Berggipfel."
    "Das ist der Logwek, der bebende Berg der Araber. Debono hat dieses Gebiet erforscht unter dem namen Latif Effendi. Alle am Nil lebenden Stämme sind miteinander verfeindet und liefern sich einen Krieg bis aufs messer. Man kann sich vorstellen, wie gefährlich es für ihn war."
    Der wind trug die 'Victoria' weiter nach Nordwsten. Um den Logwek zu vermiden, mußte man eine niedrigere Luftströmung suchen.
    "Meine Freunde", sagte der Doktor, "erst von hier an beginnt unsere Überquerung Afrikas wirklich. Bis jetzt sind wir nur den Spuren unserer Vorgänger gefolgt. Von nun an stürzen wir uns ins Unbekannte. (...)"


    Ähnlich liest es sich bei Hartleben. Natürlich müßte man eigentlich auch noch weitere Übersetzungen zum Vergleich heranziehen, etwa die Ausgaben von Neues Leben oder Arena. Schließlich könnte sich ein derartig überarbeitetes Hörspiel auch auf mehreren Buchfassungen stützen. Bemerkenswert ist etwa der Ausbau der Rolle des Konsuls gegenüber dem Vernschen Original. In der Bärmeier+Nikel-Übersetzung sind die Dialogsätze dieser Figur hingegen drastisch zusammengestrichen, vom zweiten Zusammentreffen bleibt da nicht viel mehr übrig bleibt als der Satz: Er besprach sich mit dem Konsul. Doch auch bei dieser szene lassen sich Formulierungen, die aus dem Erzähltext in den Dialog integriert wurden, auf die Bärmeier+Nikel-Übersetzung zurückführen. So etwa die Beschreibung der Gasproduktion, die wortwörtlich nicht nur die für diese Fassung spezifischen metrischen Enheiten übernimmt.


    Hörspiel: Die Gasproduktion ging heute planmäßig vonstatten. Ich hatte 8250 kg Alteisen, 8223 l Schwefelsäure und 4250 l Wasser. Und als das Wasser mit der Schwefelsäure und Eisen in Verbindung kam, erhielt ich Wasserstoff in dem Sammelbehälter." - "Donnerwetter!" - "Die Füllung dauerte 8 Stunden und nun schwebt der Ballon da draußen, wie ihr sehen könnt."


    Bärmeier+Nikel: Das Gas sollte erst am nächsten Tag, dem 17. April, produziert werden, weil die Ausgangsstoffe, 8250 kg Alteisen, 8223 l Schwefelsäure und 4250 l Wasser, noch nicht bereitstanden. Die Gasproduktion wurde auf 30 Tonnen verteilt. Sobald das Wasser mit der Schwefelsäure und Eisen in Verbindung kam, sonderte sich Wasserstoff ab und wurde nach einem besonderen Reinigungsprozeß in einem Sammelbehälter aufgefangen. Inzwischen waren die Zuleitungen bereits an die Ballonhülle angeschlossen worden, und der Ballon füllte sich allmählich mit der genau bemessenen Gasmenge. / Die Füllung dauerte beinahe 8 Stunden. Am nächsten Tag schwebte der Ballon über der mit sandsäcken beschwerten Gondel.


    Zum Vergleich diesmal die Hartleben-Übersetzung: Der 17. April ging damit hin, den Gaserzeugungsapparat zu ordnen; er bestand aus dreißig Tonnen, in welchen die Zersetzung des Wassers dadurch bewirkt wurde, daß man altes Eisen und Schwefelsäure mit einer großen Menge Wasser in Verbindung brachte. Nachdem der Wasserstoff auf seinem Durchgange gewaschen worden war, trat er in ein ungeheures Centralbehältniß ein, und gelangte von dort durch die Leitungsröhren in jedes der Luftschiffe. Auf diese Weise wurden beide Ballons mit einer genau bestimmten Menge Gas angefüllt. / Man mußte zu dieser Operation achtzehnhundertundsiebenzig Gallonen Schwefelsäure, sechzehntausendundfünfzig Pfund Eisen und neunhundertsechsundsechzig Gallonen Wasser verwenden. / Diese Operation begann in der folgenden Nacht gegen drei Uhr Morgens, und sie nahm beinahe acht Stunden in Anspruch. Am folgenden Morgen schwebte das Luftschiff, mit seinem Netz bedeckt, anmuthig über der, durch eine große Zahl von Erdsäcken zurückgehaltenen Gondel.


    In der Diogenes-Übersetzung liest man es gleichartig, so werden auch dort die Mengen in den Maßeinheiten Gallonen und Pfund angegeben.


    Wie es jedenfalls scheint, waren die Bärmeier-Nikel-Ausgaben bei Hörspielbearbeitern wohl durchaus beliebt, möglicherweise auch deshalb, weil hier ein Teil der Arbeit, nämlich die Handlung auf das Wesentliche zu reduzieren, schon gemacht war.