WM Geschichten

  • Im Hinblick auf die nahende WM 2006 in Deutschland publiziert der Tages-Anzeiger täglich eine interessante und oft witzige Geschichte im Zusammenhang mit den bisherigen Weltmeisterschaften. Um diese allen zugänglich zu machen, werde ich sie zukünftig hier rein schreiben.



    WM- GESCHICHTEN ( 51)



    Pfiffe ins Abseits



    Vieles hat sich geändert im Lauf der 76- jährigen WM- Geschichte.
    Geblieben sind immer wiederkehrende Affären um überharte Spiele und umstrittene Schiedsrichter( entscheide). Besonders arg war es 1934, als Italien unter Mussolini zu seinem ersten WMTitel kam. Tiefpunkt war der auch politisch brisante Viertelfinal gegen Spanien – und das gleich in doppelter Ausführung.


    Weil es Penaltyschiessen erst ab 1970 gab, wurde das Duell, das nach 120 Minuten noch immer remis war ( 1: 1), einfach 24 Stunden später gleichenorts wiederholt. Zu reden gegeben hatten im ersten Versuch weniger die beiden späten Stangenschüsse ( Spanien 113. Minute, Italien 119.) als vielmehr ein nicht anerkanntes spanisches Tor und vor allem die brutale, vom belgischen Schiedsrichter tolerierte Gangart.


    Die Spanier hatten tags darauf sieben erschöpfte, angeschlagene oder verletzte Spieler zu ersetzen, die Italiener traten mit vier neuen an. Und es wurde unter dem Schweizer Schiedsrichter René Mercet noch viel schlimmer.


    Die Italiener gingen früh und irregulär 1: 0 in Führung und verteidigten diese knüppelhart. Die Spanier beklagten am Ende zwei nicht gegebene Elfmeter, zwei nicht anerkannte Tore und mehrere Verletzte ( Auswechslungen waren noch nicht erlaubt). In den Überlieferungen hält sich die Version, dass der Schweizer den Nachbarn in den Halbfinal gepfiffen habe.


    Mercet pfiff später gar nicht mehr, er reichte sechs Wochen danach seine Demission ein, kam damit allfälligen Sanktionen zuvor, und der Schweizer Verband legte die Affäre im folgenden Monat ad acta. ( dw.

  • WM- GESCHICHTEN ( 52)



    Fussball in der Stube



    Erst das Fernsehen machte es vor gut 50 Jahren möglich. Der Siegeszug des Fussballs um die ganze Welt war nicht mehr zu stoppen! Zugegeben, schon vor dem Zweiten Weltkrieg hatte es laufende WMBilder gegeben. Zeitversetzt und in Ausschnitten waren vor allem in den Wochenschauen den Fans in der Heimat ( ungenügende) optische Eindrücke vom Geschehen bei der WM vermittelt worden.


    Mit dem Weltturnier 1954 in der Schweiz aber begann ein neues Zeitalter. Mit Schweiz - Italien wurde aus Lausanne erstmals ein WM- Spiel live am TV in die gute Stube über tragen. Das war eine Sensation! Die Fans mussten nicht mehr ins Stadion gehen oder sich mit den auch in späteren Jahren noch sehr beliebten Radioreportagen begnügen.


    Doch halt! Wer nun glaubt, dass damit eine relativ exklusive Darbietung der breiten Öffentlichkeit zugänglich gemacht wurde, irrt sich gewaltig. In der Schweiz gab es damals rund 1500 Fernsehkonzessionäre. In Deutschland stand in knapp 30 000 Haushalten eines dieser neuen Geräte, deren Aufkommen 1954 viele mit Skepsis verfolgten.


    Das Fernsehen wurde zum sozialen Faktor. In Windeseile sprach sich in den Quartieren herum, wer denn schon ein solches Wunderding der Technik, dieses Statussymbol, besass. Ganze Familien, ja oft ein plötzlich erstaunlich grosser Nachbars- oder Freundeskreis liess sich vor dem TVApparat mit seinen schwarzweissen Bildern nieder. Das erste Livespiel gewannen die Schweizer übrigens dank Toren von Robert Ballamann und Seppe Hügi vor 40 500 Zuschauern im Stadion und ein paar Tausend am Fernsehen gegen die Italiener 2: 1.

  • WM- GESCHICHTEN ( 53)



    Salenkos Spiel des Lebens




    1998 testete Xamax gegen GC einen 28- jährigen Russen, der an den Folgen einer schweren Knieverletzung litt. Er fiel bei Trainer Gilbert Gress durch – nicht nur wegen seines Handicaps. Dass die Neuenburger eine Verpflichtung des Stürmers, der bei Istanbulspor nur sporadisch zum Einsatz gekommen war, überhaupt in Betracht zogen, lag an dessen Palmarès. Oleg Salenko war an der WM 94 gleichauf mit Hristo Stoitschkow Torschützenkönig geworden.


    Während der Bulgare für seine sechs Tore sieben Spiele benötigte, reichten Salenko etwas mehr als zwei. Nur weil etliche Spieler das russische Team boykottierten, war er überhaupt in die Mannschaft gekommen. Bei seinem ersten WM- Auftritt wurde er in der 70. Minute eingewechselt, beim zweiten verwertete er einen Penalty – und beim dritten zeigte er das Spiel seines Lebens. 6: 1 gewann Russland gegen Kamerun, Oleg Salenko schoss zwischen der 15. und 75. Minute fünf Tore und stellte einen WM- Rekord auf. Vor dem Turnier in den USA spielte Salenko für Logroñés, wo er anfangs mit 1000 Dollar im Monat den Mindestlohn bezog. Viel mehr erhielt er auch in jener Saison nicht, in der er die Spanier mit 16 Toren vor dem Abstieg bewahrte. Später, nach der WM, stürmte er mit mässigem Erfolg für Valencia und die Glasgow Rangers. Der missglückte Test bei Xamax war nur eine Station im langen, frustrierenden Ausklang seiner Karriere.

  • WM- GESCHICHTEN ( 54)



    Der Weltpokal unter dem Bett



    Es hätte ein grosses Fest der Selbstdarstellung werden sollen. Die WM- Endrunde 1942 war nach Deutschland vergeben worden, nach den beiden Olympischen Spielen hätten sich die Nationalsozialisten ein zweites Mal als friedliebende Sportsfreunde darstellen können. « Der Führer will auf die WM unter keinen Umständen verzichten » , sagte Reichssportführer Hans von Tschammer und Osten 1937. « Der internationale Sportverkehr ist am schnellsten und nachhaltigsten in der Lage, den politischen Brunnenvergiftern und Hetzaposteln das Handwerk zu legen. » Der Einmarsch der Deutschen in Polen am 1. September 1939 machte dies Vorhaben zunichte, die WM wurde abgesagt, Deutschland aus der Fifa ausgeschlossen.


    Erst 1946 traf sich die Fifa zum nächsten Kongress, vergab dort die WM 1949 nach Brasilien, 1951 sollte die Schweiz an der Reihe sein. Ein Jahr später erfolgte die Korrektur: Brasilien 1950, die Schweiz 1954. Der Coupe Jules Rimet, wie der Weltpokal seit dem Fifa- Kongress 1946 offiziell hiess, weilte also von 1938 bis 1950 in Italien, beim letzten Weltmeister vor dem Weltkrieg. Und der Legende gemäss geschah dies aus Angst vor Plünderern nicht in dem dafür vorgesehenen Banksafe, sondern unter einem Bett. Ungeklärt ist aber bis heute, wo dieses Bett stand: beim italienischen Fifa- Vizepräsidenten Ottorino Barassi oder bei Giovanni Mauro, dem OK- Chef der WM- Endrunde 1934 in Italien?

  • WM- GESCHICHTEN ( 55)




    Zehn Helden, ein Beckham





    St- Etienne war am 30. Juni 1998 im Ausnahmezustand. England und Argentinien trafen sich hier zum Achtelfinal. Im Vorfeld wurde an dunkle Kapitel in der gemeinsamen Geschichte erinnert: den Falklandkrieg 1982, Maradonas Hand Gottes 1986. 1800 Franken kosteten Eintrittskarten auf dem Schwarzmarkt, Argentinien ging in Führung, England konterte durch Shearer und Owen, Zanetti glich vor der Pause wieder aus. Der Match war fantastisch. Er mündete in ein Elfmeterschiessen, weil es auch nach 120 Minuten 2: 2 stand. In England verfolgten 20 Millionen vor dem Fernseher, wie Ince und Batty ihre Penaltys verschossen und ihre Mannschaft ausschied.


    Der Schuldige an der Niederlage war schnell gewählt. « Zehn Helden und ein Idiot » , geiferte die « Sun » , weil David Beckham in der 47. Minute vom Platz gestellt worden war. Er hatte, am Boden liegend, nach Diego Simeone ausgeschlagen und ihn mit dem Fuss leicht getroffen. Englands Coach Glenn Hoddle sagte, « young David » habe töricht gehandelt. Der « Daily Mirror » druckte eine Dartscheibe mit dem Bild Beckhams im Zentrum ab. In Umfragen sagten Fans: Beckham dürfe nie mehr für England spielen. Die folgende Saison wurde für Beckham zum Persönlichkeitstest. Er bestand ihn bravourös, in dem er mit Manchester United Premier League, FA- Cup und Champions League gewann. Simeone gestand vier Jahre später, dass er damals in St- Etienne geschauspielert habe, um Beckhams Platzverweis zu provozieren.

  • WM Geschichten (54)
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    Ein barfüssiger Verzicht



    Es war die WM der grossen Absenzen: jene 1950 in Brasilien, die erste nach dem 2. Weltkrieg. Deutschland und Japan waren nicht zugelassen, Österreich verweigerte die Teilnahme wegen der Türkei, Argentinien, Peru und Ecuador reisten auf Grund politischer Spannungen mit Brasilien nicht an, der europäische Ostblock fehlte unisono, und den Schotten war die Reise zu teuer.


    Auch die Inder flogen nicht nach Südamerika. Allerdings aus einem technischen Grund: Ihnen erlaubte es die Fifa nicht, barfuss zu spielen. Sie verpassten damit eine einmalige Chance. Erst zwei Jahre zuvor war der indische Fussballverband der Fifa beigetreten, und in der Qualifikation zur Weltmeisterschaft 1950 hatte dieser keine Gegner: Burma, Indonesien und die Philippinen zogen sich noch vor den ersten Spielen zurück. Die restlichen asiatischen Verbände hatten ihre Teams gar nicht erst gemeldet – und bis heute sollte es die einzige Qualifikation Indiens für eine Weltmeisterschaft bleiben.


    Für die diesjährige WM in Deutschland scheiterte das Land mit der zweitgrössten Bevölkerung der Welt schon in der zweiten Gruppenphase an Japan sowie den Kleinstaaten Oman und Singapur. (wie)

  • WM- GESCHICHTEN ( 57)



    1: 0, 2: 0, 3: 0, 4: 0, 5: 0, 6: 0 – Final





    Du gehst hinaus auf den Platz und weisst genau, nach 90 oder 120 Spielminuten bist du eine Runde weiter – oder ausgeschieden. Das ist die Faszination im Cup. 2002 standen bei der WM in Japan und Südkorea nach der Gruppenphase sofort die Achtelfinals auf dem Programm. Spätestens dann herrschte in den Stadien Hochspannung, war das Taktieren vorbei.


    Das war beispielsweise bei der WM 1978 in Argentinien anders. Nach der ersten Gruppenphase wurden zwei Finalgruppen mit nochmals vier Teams gebildet. Die beiden Sieger dieser Poule sollten dann den Final bestreiten.


    So weit, so gut. Doch was bei jedem Grümpelturnier berücksichtigt wird, dass in der letzten Runde die Spiele gleichzeitig angesetzt werden, um ja keine Schiebereien zu provozieren, wurde in Argentinien von der Fifa ausser Acht gelassen. So wusste der Gastgeber nach dem 3: 1- Sieg der Brasilianer gegen Polen, dass er für die Finalqualifikation gegen Peru vier Tore schiessen musste und keines erhalten durfte. Argentinien gewann 6: 0 und wurde danach gegen Holland Weltmeister ( 3: 1 nach Verlängerung, Tore von Kempes [ 2], Bertoni; Nanninga).


    Dass ein schaler Nachgeschmack blieb, kümmerte die Argentinier w

  • Da kann ich mich noch gut dran Erinnern. Bei uns war Kirmes, und wir wollten erst das Finale ansehen und dann Kirmes Feiern. Nach dieser Verarsche haben wir uns das Finale gespart. Argentinien hatte es nicht mehr verdient WM zu werden und Holland wollte auch niemand

    :P


    Lobo





    Glück ist das einzige was sich verdoppelt, wenn man es teilt[SCHILD=random]der beste Lobo der Welt [/SCHILD]

  • Zitat von "Lobo"

    Da kann ich mich noch gut dran Erinnern. Bei uns war Kirmes, und wir wollten erst das Finale ansehen und dann Kirmes Feiern. Nach dieser Verarsche haben wir uns das Finale gespart. Argentinien hatte es nicht mehr verdient WM zu werden und Holland wollte auch niemand


    wow, cool das du dich noch erinnern kannst! ich war nicht mal geboren...

  • Der beste, der nie dabei war



    Für viele gilt Alfredo Di Stéfano als komplettester Spieler aller Zeiten. Er war ein begnadeter Torjäger mit Spielmacherqualitäten, eleganter Techniker und Schwerstarbeiter zugleich. Ein kompletter Spieler – ohne vollständiges Palmarès, denn eine WM-Teilnahme blieb ihm verwehrt. Bei einem wie Di Stéfano, der mit Real Madrid 8-mal Meister wurde, von 1956 bis 60 5-mal den Meistercup gewann und 5 mal spanischer Torschützenkönig war, scheint es ungerecht, einen Makel in der Biographie hervorzuheben. Doch Weltmeisterschaften sind für jeden, auch noch so grossen Spieler Höhepunkte, die er nicht missen möchte.



    Dass der gebürtige Argentinier, der 1956 Spanier wurde, nie an einer WM war, ist umso erstaunlicher, als er Spiele für drei Nationalteams bestritt: 6 für Argentinien, 4 für Kolumbien, 31 für Spanien. Argentinien verzichtete 1950 und 54 auf die WM, Kolumbien war in den 50er-Jahren nie dabei, und Spanien schaffte es 58 nicht an die Endrunde. 1962, als sich die Spanier mit Di Stéfano qualifizierten, verletzte sich der «blonde Pfeil» kurz vor dem Turnier.


    Di Stéfano ist nicht der einzige grosse Name, der in den WM-Annalen fehlt. Die Nationalteams des Nordiren George Best und des Liberianers George Weah waren zu schwach. Eric Cantona scheiterte mit Frankreich in der Qualifikation für 1994 und trat 1997 zurück. Bernd Schuster wurde an der EM 1980 als bester Spieler geehrt, weigerte sich später aber, für Deutschland anzutreten. (jh)

  • Der Final mit zwei Bällen



    Es dauerte nicht lange bis zum ersten Eigentor an einer WM. Ein Mexikaner erzielte es an der Premiere 1930 im sechsten Spiel, beim 0:3 gegen Chile. Und noch weniger lange dauerte es bis zur ersten Aufregung um einen Schiedsrichter. Der Brasilianer Almeida Rego pfiff die Partie Argentinien – Frankreich kurz nach dem 1:0 ab, gerade als ein Franzose solo Richtung Ausgleich stürmte – und 6 Minuten zu früh! Nach langem Hin und Her wurde die Zeit nachgespielt, wozu aber einige Spieler erst wieder aus den Kabinen zurückgeholt werden mussten.


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    Im Halbfinal Uruguay – Jugoslawien (6:1) fällte Rego dann umstrittene Entscheide gleich in Serie, worauf ihm Kollege Langenus «glattes Versagen» bescheinigte.


    Der Belgier Jan Langenus war der renommierteste Europäer seiner Zunft, Regierungsbeamter und an der WM in Uruguay multifunktional auch als Journalist und Entdeckungsreisender tätig. Er leitete den Final der Rivalen Uruguay und Argentinien – aber nur unter der Bedingung, dass es in der hitzigen Ausgangslage beim Publikum Leibesvisitationen gab (worauf 1600 Pistolen konfisziert worden sein sollen) und dass hinter jedem Tor eine Leibwache postiert war.


    Als Langenus in Veston, Knickerbockern und Krawatte zum Anpfiff schritt, stellte sich ihm ein nächstes Problem: Beide Teams hatten einen Ball dabei, mit dem sie spielen wollten. Langenus löste das salomonisch – die erste Halbzeit mit dem argentinischen Ball, die zweite mit dem uruguayischen.


    Nach Uruguays 4:2-Sieg verliess er das Stadion fluchtartig – weil die Zeit knapp war, das Schiff zurück nach Europa zu erreichen. Dort blieb Kritik an seiner Leistung vorab in Fachblättern aus. Für viele hatte er selbst von der WM berichtet ...

  • 1934


    Skandal im Finale: "Rohheit triumphiert"
    Schiedrichter köpft Italien zum ersten WM-Titel
    München - 1934 kam die WM nach Europa. Nach acht langwierigen Konferenzen erhielt Italien auf dem FIFA-Kongress 1932 den Zuschlag. In Italien regierte seit 1922 das faschistische Regime unter Benito Mussolini.


    Und "Il Duce" sah das Spektakel als ideale Plattform für seine Propaganda. Etliche Millionen Lire investierte Mussolini in neue Stadien in Turin, Florenz und Neapel. In Mailand und anderen Städten wurden vorhandene Arenen gründlich renoviert.


    Amtierender Weltmeister sagt ab


    Der amtierende Weltmeister Uruguay hatte die Absage der "Azzurri" vier Jahre zuvor nicht vergessen und trat nicht zur WM an. Auch die Briten lagen mit dem Weltverband immer noch im Clinch und sagten ab. Dennoch meldeten sich 32 Nationen an. Ein Erfolg, bedenkt man, dass die Fifa 1930 mit viel Überredungskunst gerade einmal 13 Länder zur Teilnahme hatte bewegen können.


    Es mussten also Qualifikations-Spiele ausgetragen werden. Kurios: Selbst die Ausrichter mussten durch die Qualifikation. Großes Aufatmen bei den Verantwortlichen als Griechenland 4:0 geschlagen wurde. Deutschland spazierte mit einem 9:1 über Luxemburg in die Endrunde.


    Sofort K.o-System


    Diese wurde sofort im K.o.-System ausgetragen. Deutschland traf in Florenz auf Belgien und gewann nach einem 1:2-Rückstand zur Pause noch 5:2. Edmund Conen erzielte drei Treffer und wurde später zu einem der besten Stürmer des Turniers gekürt. Ironisch: Erst sechs Monate zuvor hatte Reichstrainer Otto Nerz dem Debütanten nach dem Spiel gegen Ungarn verraten: "Mein Lieber, Sie haben heute zwei Länderspiele gemacht Ihr erstes und ihr letztes."


    Das "Wunderteam" aus Österreich schlug Frankreich mit viel Mühe 3:2 in der Verlängerung. Italien schaltete die USA mit 7:1 aus. Das Zuschauerinteresse war enttäuschend. Denn zeitgleich fand der weitaus populärere Giro d´Italia statt.


    Das sollte sich im Viertelfinale ändern. Mit Spanien - Italien und Österreich - Ungarn trafen vier der Favoriten aufeinander. Überhaupt waren zu diesem Zeitpunkt schon alle nicht-europäischen Teams ausgeschieden.


    Deutschland im Halbfinale


    Deutschland schlug Schweden 2:1 in Mailand und stand im Halbfinale. Unterdessen sprach ganz Italien vom vorweggenommenen Finale der Gastgeber gegen Spanien. Die Spanier hatten Ricardo Zamora (38 Jahre) im Tor. Der hatte den Spitznamen der "Göttliche". Und Zamora brachte die Italiener zur Verzweiflung. 1:1 hieß es im ersten Spiel. Die Wiederholung gewannen die Azzurri in einer skandalösen Partie 1:0.


    Der Referee Mercet aus dem Tessin tat alles, um die Spanier zu benachteiligen. Beim entscheidenden Treffer durch Giuseppe "Peppino" Meazza humpelten sieben Spanier verletzt übers Feld. Einer lag draußen. Den regulären Ausgleich ignorierte Mercet. Er wurde später von seinem eigenen Verband auf Lebenszeit gesperrt.


    Kopfball des Schiedsrichters


    Auch Österreich und die Tschechoslowakei zogen ins Halbfinale ein. Italien schlug die Österreicher 1:0. Auch dort ging nicht alles mit rechten Dingen zu. Der Österreicher Josef Bican erinnert sich: "Als eine Flanke zu Karl Zischek kam, konnte der alleine auf das italienische Tor laufen. Da hat der Schiedsrichter, der gerade dort stand, den Ball absichtlich weggeköpft. Unglaublich! Beim Tor hat Peter Patzer den Ball gefangen, aber mehrere Italiener haben ihn über die Torlinie gestoßen. Und der schwedische Referee hat das Goal gegeben."


    Deutschland verlor durch einen rabenschwarzen Tag des Torhüters Willibald Kress 1:3 gegen die Tschechen. Im Spiel um den dritten Platz überzeugten die Deutschen jedoch und besiegten die Österreicher 3:2.


    "Fußball ist nationales Anliegen"


    In einem hart geführten Finale siegten die Gastgeber in Rom 2:1 nach Verlängerung gegen die Tschechen. "In Italien ist Fußball ein nationales Anliegen", resümierte Trainer Vittorio Pozzo später. "Diese Fähigkeit muss ein Trainer nutzen. Meine Spieler bekamen nichts als ihre Plaketten. Doch mit welcher Hingabe setzten sie sich ein?!"


    Das restliche Europa sah das ein wenig anders. "Rohheit triumphiert!" titelte der "Kicker". "Was sich auf dem Rasen abspielte, hatte mit Fußball nichts zu tun." "Sportliche Überlegungen waren beim Gastgeber nicht existent", erinnerte sich der belgische Referee Jan Langenus.


    Dennoch war die WM ein finanzieller Erfolg und bildete eine Attraktion für die Fans. Tausende von Europäern pilgerten auf die Halbinsel, um ihr Team zu unterstützen. Die Weltmeisterschaft hatte sich etabliert.


    Was sonst noch passierte:


    Mexiko reiste zu einem Qualifikationsspiel gegen die USA kurz vor der WM extra nach Italien. Nach der 2:4-Niederlage in Rom durften die Mexikaner gleich wieder nach Hause fahren.


    Das finanziell gebeutelte Wunderteam aus Österreich hatte kein Geld, um einen Masseur oder Trainer zu engagieren. Hugo Meisl aus dem WM-Organisations-Komitee übernahm den Trainerposten als Nebenjob.


    Die Italiener entdeckten beim Argentinier Luis Monti "zufällig" vor der WM italienische Vorfahren. Er wurde eingebürgert. Somit bleibt Monti der einzige Spieler, der zwei WM-Finals für zwei verschiedene Länder bestritt (1930 mit Argentinien, 1934 mit Italien).


    Im Spiel um den dritten Platz zwischen Österreich und Deutschland liefen beide Teams mit derselben Trikotfarbe auf. 30 Minuten lang feierten die italienischen Zuschauer das Deutsche Team, da sie dachten, es wären die Österreicher.


    Oldrich Nejedly aus der Tschechoslowakei wurde mit fünf Treffern Torschützenkönig.

    :P


    Lobo





    Glück ist das einzige was sich verdoppelt, wenn man es teilt[SCHILD=random]der beste Lobo der Welt [/SCHILD]

  • 1938


    Fußball im Morgengrauen der Eskalation
    Italien verteidigt Titel - Letzte Endrunde für zwölf Jahre
    München - Während der Olympischen Spiele in Berlin 1936 bekam Frankreich den Zuschlag für die WM 1938. Repräsentativ und schön waren zwei Attribute, die sich diese Endrunde beileibe nicht verdiente.


    Die Südamerikaner hatten auf den Vier-Jahres-Turnus und Argentinien als Austragungsort plädiert. Doch Jules Rimet setzte Frankreich durch. Aus Protest zogen acht Verbände ihre Meldung zurück. Darunter Argentinien und Uruguay.


    Briten ignorieren WM erneut


    Die Briten ignorierten die WM mit ihrem Snobismus der "splendid isolation" erneut. " Die FA sieht sich nicht in der Lage, ihren Standpunkt hinsichtlich eines WM-Turniers aufzugeben." Mit diesem Telegramm sagte das Mutterland ab.


    Auch Spanien, das 1934 nur knapp im Viertelfinale an Weltmeister Italien gescheitert war, fuhr nicht nach Frankreich. Dort herrschte Bürgerkrieg zwischen den Republikanern und dem faschistischen Diktator Franco. Überhaupt schwebten über der Endrunde schon die bedrohlichen Vorboten des Zweiten Weltkrieges.


    Fünf der besten Teams fehlen


    Österreich hatte sich zwar sportlich qualifiziert, wurde nach Hitlers Einmarsch in der "Ostmark" aber von der sportlichen Landkarte gefegt. Trainer Sepp Herberger erhielt die Order, eine Mannschaft zu formen, deren Verhältnis deutscher zu österreichischer Spieler 6:5 oder 5:6 betragen musste.


    Es fehlten also mit Argentinien, Uruguay, England, Spanien und Österreich fünf der damals weltbesten Teams.


    Pfiffe gegen Deutschland


    Reichstrainer Herberger stand in der Vorbereitung vor enormen Problemen. Wie sollte er Österreicher und Deutsche zu einem homogenen Team formen? Am 4. Juni 1938 eröffnete Deutschland die WM gegen die Schweiz im Pariser Parc des Princes. Nach dem anfänglichen Nazigruß musste die deutsche Elf 120 Minuten unter gellenden Pfiffen spielen und wurde mit Wurfgeschossen malträtiert. Die Partie endete 1:1.


    Da auch dieses Turnier im K-o-System ausgetragen wurde, kam es fünf Tage später zum Wiederholungsspiel. Nach einer 2:0-Führung verloren die Deutschen 2:4. Ein weiterer Favorit war ausgeschieden. Der Spielverlauf könnte "wegen der psychologischen Rückwirkung auf das Pariser Publikum auch unter der politischen Rubrik eingestuft werden", schrieb die "Neue Züricher Zeitung".


    Leonidas - der schwarze Diamant


    Weltmeister Italien mühte sich mit einem 2:1 über Norwegen in die nächste Runde. Turbulent ging es bei Brasilien gegen Polen zu. In der Verlängerung wollte der südamerikanische Stürmer Leonidas da Silva barfuß weiter spielen, was ihm der Referee untersagte. Auch mit Schuhen machte der Stürmer vier Tore und Brasilien gewann 6:5.


    Im Viertelfinale ging der Stern der Brasilianer auf. Im Wiederholungsspiel gegen die CSR überragte wieder Leonidas und die Brasilianer gewannen 2:1. Italien schlug Gastgeber Frankreich mit den Superstars Piola und Meazza 3:1. Die Einnahmen dieser Partie übertrafen gar die des Endspiels.


    Italien verteidigt Titel


    Ungarn schlug Schweden im Halbfinale. Titelverteidiger Italien setzte sich 2:1 gegen Brasilien durch. Die Südamerikaner waren durch das Fehlen des verletzten "Diamante negro" (Leonidas) jedoch erheblich geschwächt.


    Am 9. Juni traf Italien im Pariser Stade de Colombes im Finale auf Ungarn. Zwei Mal Colaussi und Piola trafen zum 4:2-Endstand. Vittorio Pozzos Team war zum zweiten Mal hintereinander Weltmeister. Bis 1950 sollte es vorerst die letzte WM-Endrunde gewesen sein...


    Was sonst noch passierte:


    Die USA hatten für die WM 1938 zunächst gemeldet, mussten es dann wieder rückgängig machen. Ihre aus England stammenden Spieler wollten sonntags keinen Fußball spielen.


    Drei Wochen nach dem Anschluss Österreichs durften die Österreicher noch ein letztes Länderspiel austragen. Gegen Deutschland. Im Wiener Prater-Stadion gewann Österreich 2:0. Die Gastgeber registrieren die Partie noch heute als offizielles Spiel. Der DFB ignoriert das Match immer noch in seinen Annalen.


    Der Pole Willimowski erzielte gegen Brasilien vier Tore. Dennoch verlor sein Team 5:6. Dieses Leid musste bis heute niemand mehr erfahren..


    Der Kapitän der Brasilianer, Alvaro Cancado, wurde Dr. Nariz genant. Nariz war der Spitzname des Arztes aus Brasilien und bedeutet "große Nase".


    Kuba schaffte die größte Sensation der WM. Nach einem 3:3 schlugen die Südamerikaner Rumänien im Wiederholungsspiel 2:1.


    Der tschechische Torwart Frantisek Planicka erlitt im Spiel gegen Brasilien einen Armbruch, spielte jedoch in der Verlängerung weiter, ohne einen Treffer zu kassieren.


    Der Italiener Silvio Piola war einer der besten Spieler des Turniers und ist in Italien heute noch wegen seiner artistischen Einlagen bekannt. Nach seinen zwei Treffern gegen Gastgeber Frankreich taufte ihn die französische Presse "Borreau des Francais" - "Franzosen-Henker".

    :P


    Lobo





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  • 1950


    Der Zauberer von Maracana
    Vier Tote durch Selbstmord und Herzinfarkte nach Finale
    München - Brasilien und Deutschland bewarben sich 1938 für die nächste WM. Als Präsident Jules Rimet 1939 zur Inspektion nach Südamerika reiste, wehten ihm die ersten Kriegsmeldungen aus Europa entgegen. Erst 1946 traf sich die FIFA wieder und entschied sich einstimmig für Brasilien als Gastgeber 1950.


    Hitzige Diskussionen gab es um den Modus. Bisher war sofort im K.o-System verfahren worden. Doch die Brasilianer plädierten für eine Gruppenphase mit Punktsystem. "So werden Zufälligkeiten und Ungerechtigkeiten weitgehend verhindert", meinte Brasiliens Sotero Cosme.


    Prominente Absagen


    Man beschloss die Ansetzung von vier Gruppen. Die Sieger sollten in der zweiten Phase gegeneinander spielen. Die Mannschaft mit den meisten Punkten würde Weltmeister.


    Komplikationen gab es natürlich auch. Österreich und die Türkei wollten in der Qualifikation nicht gegeneinander antreten. Dadurch rutschten die eigentlich schon eliminierten Portugiesen nach. Argentinien hatte Ärger mit Brasilien und meldete nicht.


    Deutschland war noch nicht wieder zugelassen (auch wenn es viele vehemente Fürsprecher gab). Frankreich verzichtete auf die beschwerliche Reise. Doch es gab auch Grund zur Freude: England, das Mutterland, war zum ersten Mal bei einer WM dabei. Eine Sensation.


    Bau des Fußball-Tempels


    Die Brasilianer erschufen vor dem Start einen beinahe unglaublichen Tempel: das Estádio Maracana für 200.000 Zuschauer. "Man kann es nur mit dem Kolosseum vergleichen", staunte Präsident Rimet. Später wird die Legende Pelé sagen: "Ohne Maracana wäre ich nicht der geworden, der ich bin." Die Teilnehmer schienen nicht so beeindruckt. Nur 13 der 16 Qualifikanten reisten an.


    Das führte zu Verzerrungen. Neben zwei Vierer-Gruppen gab es eine mit drei Teams. Uruguay hatte es nur mit Bolivien zu tun, das 8:0 abgefertigt wurde. Die Brasilianer schafften mit Mühe den Sprung in die nächste Runde. Doch Unglaubliches hörte man aus Gruppe 2.


    Erste Sensation der WM


    Dort spielte die Fußball-Weltmacht England gegen die USA. Superstar Stan Matthews wurde auf der Tribüne geschont und musste mit ansehen, wie der amerikanische Zwerg nach 38 Minuten durch Larry Geathjens in Führung ging. Sensationell hieß es 1:0 für die Amerikaner auch nach 90 Minuten. "Fußball-Dünnkirchen" titelte der "Daily Mirror". Die Engländer schieden nach der ersten Runde aus.


    Auch der amtierende Weltmeister Italien durfte früh nach Hause fahren. Die Flugzeugkatastrophe der Mannschaft des großen AC Turin vor der WM (4. Mai 1949) nahm den Azzurri das Gerüst der Nationalelf. Das 2:3 gegen Schweden bedeutete das Ende aller italienischen Hoffnungen.


    Brasilien verzaubert die Fachwelt


    Die Skandinavier verloren das erste Match der Endrunde 1:7 gegen Brasilien. Die Gastgeber schienen der neue Weltmeister. Nicht zuletzt nach dem grandiosen 6:1 über die starken Spanier. "Einen Ballzauber, wie ihn dieses Trio Zizinho, Ademir, Jair entfaltete, das sah die Welt noch nie", schrieb ein enthusiastischer Dr. Friedebert Becker im "kicker".


    Und der Journalist Willy Meisl schwärmte: "Das war Fußball, wie er gespielt werden soll (...) Nichts Roboterartiges, kein Schweiß und Blut, kein Fußexerzieren, nein, mitreißendes Spiel (...), vorgeführt von begeisterten Virtuosen."


    Himmel und Hölle Maracana


    Wer sollte Brasilien noch stoppen? Uruguay hatte sich zu einem 2:2 gegen Spanien gequält und mit Mühe 3:2 über Schweden gesiegt. Am 16. Juli 1950 wollte Brasilien vor 199.854 Zuschauern im Maracana gegen Uruguay den Pokal in Empfang nehmen.


    Ein Remis reichte den Gastgebern. Unter das Foto der brasilianischen Elf schrieb die Zeitung "A Nota Illustrada": "Das sind die Meister der Welt". Die Freudenfeiern waren längst vorbereitet. "Wir nahmen uns bei den Händen und sprachen uns Mut zu", erinnerte sich Uruguays Torwart Maspoli später. "Wir wussten, dass diese Kulisse Himmel und Hölle zugleich sein konnte."


    Es lief alles nach Plan. Friaca brachte Brasilien kurz nach der Pause in Führung. Doch ein Volleyschuss von Schiaffino brachte den Ausgleich (66.) und versetzte die Massen im Stadion in entsetzte Lähmung. Die steckte auch die Brasilianer an ("Im Gesicht jedes Brasilianers spiegelte sich unglaublicher Schrecken"- Maspoli). Aber das 1:1 reichte der Selecao ja.


    Vier Tote beim Finale


    Jules Rimet schritt zwölf Minuten vor dem Ende zur Überreichung des Pokals. "Ich war im Tunnel, als das Dröhnen im Stadion verstummte", erinnert sich der Franzose. "Ich eilte zum Ausgang und fragte, was geschehen sei (...) Niemand im Stadion sprach ein Wort (...) Da blickte ich zum Spielfeld und sah Brasiliens Torwart Barbosa am Boden liegen. Der Ball aber lag im Netz."


    Und tatsächlich hatte Ghigghia das Unfassbare möglich gemacht. 2:1 für Uruguay (79.). Die Hellblauen waren Weltmeister! Tränen im Maracana. Selbstmord und Herzinfarkte forderten gar vier Todesopfer im Stadion. Den Siegern wurde in Montevideo ein Triumphmarsch bereitet. Trainer Juan Lopez war nur noch unter einem Namen bekannt: der Zauberer von Maracana.


    Was sonst noch passierte:


    Frankreich, das in der Qualifikation nach drei Spielen und einer Verlängerung an Jugoslawien gescheitert war, sollte Österreich in Brasilien ersetzen. Nach der Auslosung der Gruppen hätten die Franzosen ihre beiden Spiele in Orten austragen müssen, die 2000 Meilen auseinander lagen. Unfassbar, meinte Frankreich und sagte daraufhin ab.


    Vor dem Vorrundenspiel Jugoslawien - Brasilien stieß sich der Jugoslawe Mitic im dunklen Kabinengang den Kopf und musste genäht werden. Die Europäer begannen nur mit zehn Spielern. Als Mitic wiederkam, stand es bereits 0:1. Die Brasilianer gewannen am Ende 3:0.


    Das 1:0 der USA über England gilt als erste Riesen-Sensation bei einer WM. In England mochte man der Nachricht überhaupt nicht glauben und dachte an einen Druckfehler. Einige Zeitungen meldeten deshalb 10:1 anstatt 0:1.


    Im verlorenen Finale lief Brasilien in weißen Trokots auf. Nach dem 1:2-Trauma gegen Uruguay spielte die Selecao nie wieder in dieser Farbe.


    Mit 1.091.490 Zuschauern wurde zum ersten Mal die Millionengrenze überschritten. Alleine 757.592 Besucher sahen die Partien der Brasilianer. Den Minusrekord verbuchte Schweiz - Mexiko mit 3.850 Interessierten.

    :P


    Lobo





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  • 1954


    "Aus, aus, aus! Das Spiel ist aus!"
    Die Helden von Bern gehen in die Geschichte ein
    München - Nach dem Ende des Zweiten Weltkriegs fand Deutschland erst nach Jahren der Isolation zurück in die internationale Staatengemeinschaft. Auch der Fußball war zu einer Zwangspause verurteilt.


    Erst 1948 fand wieder eine Deutsche Meisterschaft statt, zwei weitere Jahre dauerte es, bis das erste Länderspiel ausgetragen wurde: Am 22.11.1950 siegte die DFB-Elf in Stuttgart 1:0 gegen die Schweiz. Zwei Monate zuvor war der DFB wieder in den Weltverband FIFA aufgenommen worden.


    Überraschender Final-Einzug


    Bei der WM 1954 ging Deutschland als krasser Außenseiter an den Start. Die Presse spottete über ein Team mit dem 34-jährigen Fritz Walter als Kapitän. In der Vorrunde setzte es eine herbe 3:8-Niederlage gegen den haushohen Favoriten Ungarn. Doch der "Chef" Sepp Herberger hatte nur eine bessere B-Elf auflaufen lassen. Ein raffinierter Schachzug, wie sich später heraus stellen sollte. Durch ein 6:1 über Österreich im Halbfinale qualifizierte sich Deutschland überraschend für das Endspiel. Am 4. Juli 1954 im Berner Wankdorfstadion waren erneut die Ungarn um Superstar Puskas der Gegner.


    Ungarn - die Übermacht. Vor diesem Finaltag vier Jahre und 32 Spiele ohne Niederlage. Nach dem 8:3 gegen die Deutschen in der Vorrunde schien der WM-Titel nur eine Formsache. Aber: Es regnet in Strömen an jenem Tag in Bern. Fritz-Walter-Wetter also. Ein gutes Omen?


    Schnelle Führung der Ungarn


    Zu Beginn kaum. Puskas (6.) und Czibor (8.) bringen die Magyaren schnell 2:0 in Führung. "Was wir befürchtet haben, ist eingetreten", kommentiert der unvergessene Radioreporter Herbert Zimmermann. Seine Reportage ist zur Legende geworden.


    Die Deutschen sind nicht geschockt. Helmut Rahn, der "Boss", zieht aus 20 Metern ab. Maxl Morlock wirft sich im Spagatschritt in den Ball und drückt ihn mit allerletzter Kraft über die Linie (10.). "Gottseidank! Es steht nur noch 2:1", jubelt Zimmermann. "Und das sollte uns Mut geben."


    Turek - der "Fußball-Gott"


    Tut es auch. 18. Minute: Fritz Walter zirkelt eine Ecke lang in den Sechzehner. Dort lauert Rahn. Der Boss nimmt das Leder direkt und markiert das 2:2. "Tor für Deutschland!" hallt es durch Millionen Haushalte. "Heute ist es kein 3:8. Heute ist es keine B-Mannschaft. Deutschlands A-Mannschaft hat aus einem 0:2 ein 2:2 gemacht."


    Die Ungarn stürmen weiter. Zwei Mal klären Posipal und Kohlmeyer auf der Linie. Die restlichen Angriffswellen stoppen Liebrich und Torhüter Toni Turek. Aus drei Metern feuert Hidegkuti aufs deutsche Tor, Turek lenkt das Leder um den Pfosten. "Toni, du bist ein Teufelskerl! Toni, du bist ein Fußball-Gott!" Zimmermann ist auch nicht mehr zu bremsen.


    Der Boss schießt das 3:2


    Der Favorit wird immer nervöser, bleibt jedoch optisch überlegen und steht häufig vor dem dritten Tor. "Halten Sie die Daumen zu Hause", bittet Zimmermann. "Auch wenn Sie sie vor Schmerz zerdrücken. Aber halten Sie sie." Es hilft.


    "Sechs Minuten noch im Berner Wankdorf Stadion. Keiner wankt. Unaufhörlich prasselt der Regen hernieder. Und Bozsik, immer wieder Bozsik der rechte Läufer der Ungarn hat den Ball - verloren diesmal an Schäfer. Nach innen geflankt. Kopfball - abgewehrt. Aus dem Hintergrund müsste Rahn schießen. Rahn schießt... Tor! Tor! Tor! Tor! 3:2 für Deutschland. Halten Sie mich für verrückt. Halten Sie mich für übergeschnappt, aber ich finde, auch Fußball-Laien sollten ein Herz haben."


    Verkehrte Fußball-Welt


    Noch viereinhalb Minuten. Der geschockte, haushohe Favorit wirft alles nach vorne. "Und die Ungarn wie von der Tarantel gestochen lauern wie Puszta-Söhne, drehen jetzt den siebten oder zwölften Gang auf..." Noch wenige Minuten. Puskas erhält den Ball im Sechzehner. Sieben Meter vor dem Tor. Er schießt. "Gehalten von Toni, gehalten! Und Puskas der Major hämmert seine Fäuste auf den Boden, als wollte er sagen 'Ist denn das möglich?' Aber es ist wahr. Unser Toni hat ihn gemeistert."


    Die Nachspielzeit beginnt. Einwurf für Ungarn. "Aus, aus, aus! Das Spiel ist aus. Deutschland ist Fußball-Weltmeister!" Selbst der Reporter der DDR kann seine Freude nicht unterdrücken. "Das unvorstellbare ist passiert! Die westdeutsche Nationalmannschaft ist Weltmeister. Die ganze Fußball-Welt steht auf dem Kopf."


    Deutschland feiert


    Unbeschreibliche Jubelszenen auf dem Feld. Das Herberger-Team liegt sich in den Armen. "Die deutschen Spieler freuen sich ausgelassen und gebärden sich, als hätten sie ein Schloss gewonnen." Mit hängendem Kopf gratuliert Puskas dem deutschen Kapitän Fritz Walter, der den Pokal Jules Rimet entgegen nimmt.


    Spontane Freudenfeste über das "Wunder von Bern" starten in ganz Deutschland. Die Rückreise der Nationalelf im Zug begleiten Tausende auf den Bahnsteigen.


    Ungarn werden verhöhnt


    Der Stachel in Ungarn saß hingegen tief. Die "Versager-Elf" musste heimlich ins Land geschleust werden. Da einige ungarische Spieler während der WM mit einem Mercedes "ausgestattet" wurden, sprachen viele von einem "verkauften Finale". Noch Jahre später mussten sich die Akteure in der Heimat mit dem verlorenen Finale auseinander setzen.


    Der Titelgewinn sorgte in Deutschland über den rein sportlichen Erfolg hinaus für weltweite Anerkennung. Die Bevölkerung hatte nach den Entbehrungen der Nachkriegszeit wieder einen Grund zur Freude. Der WM-Sieg war gleichsam ein Symbol für das beginnende Wirtschaftswunder in der Bundesrepublik.


    Die Helden von Bern aber gingen in die Geschichte ein. Sie wurden nicht reich, aber berühmt: Der DFB schüttete damals Prämien zwischen 2.000 und 2.500 Mark aus. Fritz Walter, der Kopf der Mannschaft, setzte seine Karriere bis zur WM 1958 in Schweden fort und wurde später zum ersten Ehrenspielführer der deutschen Nationalmannschaft ernannt.



    Was sonst noch passierte:


    Das 7:5 zwischen Österreich und der Schweiz ist das Rekordergebnis (meiste Tore) aller WM-Endrunden.


    Nach dem 3:8 gegen Ungarn in der Vorrunde war die deutsche Öffentlichkeit entsetzt. "Beschämende Vorstellung" schrieb die "Welt", "Schwerster Schlag für Deutschlands Fußball" titelte die "Bild".


    Die Endrunde in der Schweiz bleibt mit durchschnittlich 5,4 Treffern die torreichste Endrunde aller Zeiten.


    Das 4:2 der Ungarn gegen Brasilien ging als die "Schlacht von Bern" ein. Tretereien, drei Rote Karten und Prügeleien nach Spielende im Kabinengang. Der "Corriere della Sera" berichtete, dass Ferenc Puskas den Brasilianer Pinheiro mit einer Flasche ins Gesicht geschlagen habe. "Irrenhäusler" kommentierte die Zeitung "Sport".

    :P


    Lobo





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  • 1958


    Die Geburt des "Königs der Welt"
    Für Péles Tricks fehlen den Europäern die Worte
    München - Bereits 1950 in Brasilien erteilte die Fifa Schweden den Zuschlag für 1958. Eine Philosophie, die von da an weiter praktiziert werden sollte, um dem Ausrichter ausreichend Zeit für die immer komplexer werdende Organisation der Endrunde einzuräumen.


    Nicht zuletzt wegen des Fernsehens, das 1954 in der Schweiz zum ersten Mal übertragen hatte, wuchs die Popularität der Fußball-WM. Hunderte von Journalisten und Technikern begleiteten die Zuschauer in die Stadien.


    Niedergang der Ungarn


    52 Nationen hatten gemeldet, die durch die Qualifikation mussten. Deutschland und Schweden waren automatisch qualifiziert. Am 8. Juni 1958 wurde die erste Partie der vier Vierergruppen angepfiffen.


    Das Interesse der Besucher hielt sich in der Vorrunde in Grenzen. Dort schied Ungarn bereits aus und es wurde deutlich, dass die Ausnahmestellung der Magyaren endgültig vorbei war. Deutschland hatte mit Argentinien, der Tschechoslowakei und Nordirland eine schwere Gruppe erwischt.


    Deutschland im Viertelfinale


    Dem 3:1 über die Gauchos folgten zwei 2:2-Unentschieden. Die Herberger-Elf stand im Viertelfinale. Argentinien musste nach einem 1:6 gegen die Tschechen die Heimreise antreten.


    Unter den letzten Acht blieb nur ein Team aus Südamerika übrig: Brasilien. Die Selecao hatte zwei Steine des Anstoßes im Kader. Den Rechtsaußen Garrincha und einen gewissen 17-Jährigen, Edson Arantes do Nascimento, auch Pelé genannt. Trainer Vicente Feola (El Gordo, "der Dicke") stellte beide erst auf Druck des Teams und der Medien auf.


    Und Pelé schoss die Mannschaft prompt ins Halbfinale. Dort wartete auf die Deutschen nach dem Sieg über Jugoslawien Gastgeber Schweden. Der 24. Juni sollte im Ullevi-Stadion ein denkwürdiges Spiel sehen.


    "Deutscher Kriegsfußball"


    Schon zuvor hatte die schwedische Presse den deutschen Stil als "Kriegsfußball" charakterisiert. Im Stadion heizten Antreiber mit Megaphonen und Mikrophonen die Atmosphäre an. "Für die Schweden ist die WM eher eine Gelegenheit, ihre ultrapatriotische Gesinnung zu demonstrieren", kommentierte die Zeitung "La Suisse". Es stand 1:1 und die Deutschen hielten die Partie unter der Führung des 38-jährigen Fritz Walter offen.


    Eine gewisse Überhärte der Schweden tolerierte Referee Zsolt aus Ungarn. Juskowiaks Revanchefoul nicht. Er sah zurecht Rot. Fritz Walter konnte nach einem schweren Foul teilweise nicht mehr mitspielen und humpelte über das Feld. So verlor Deutschland am Ende 1:3. Auch das Spiel um Platz drei ging verloren. Beim 6:3 gegen Frankreich erzielte Just Fontaine vier Treffer und wurde mit 13 Toren Torschützenkönig.


    Es fehlen die Worte


    Die Franzosen hatten im Semifinale die Segel gegen Brasilien streichen müssen. Mit kindlich glänzenden Augen erlebten die Besucher die wahre Geburt eines der Größten: Pelé traf beim 5:2 drei Mal. "Das 4-2-4-System und der Sturmwirbel um Garrincha, Vava und Pelé schien nicht von dieser Welt. Eine Beschreibung sei mit europäischen Vokabeln gar nicht möglich, weil es für die ständigen Tricks keine Worte gibt, da sie selbst in Europas Fußball nicht vorkommen", jubelte die "Frankfurter Rundschau".


    So mussten sich auch die "irdischen" Schweden im Finale verneigen. Pelé nahm den Ball mit dem Oberschenkel an, lupfte ihn über den eigenen Kopf und traf volley ins Tor. 54. Minute. 3:1. Einer der schönsten Treffer der WM-Geschichte. Noch einmal Pelé, Zagalo und zwei Mal Vava sorgten für das nie gefährdete 5:2.


    Pelé - König der Welt


    Die Zuschauer feierten die Zauberer vom Zuckerhut. Die bedankten sich mit einer Ehrenrunde mit der schwedischen Fahne. Pelé brach in Tränen aus. Der uruguayische Schrifsteller Eduardo Galaeno schrieb: "Dieser junge Mann von 17 Jahren stieg in der Kunst des Fußballspiels zum König der Welt auf." Brasilien war zum ersten Mal Weltmeister.



    Was sonst noch passierte:


    Das 0:0 der Gruppenphase zwischen Brasilien und England war das erste torlose Remis einer WM-Endrunde.


    Der 19-jährige Brasilianer José Giuseppe Altafini wechselte nach der Endrunde zum AC Mailand und trug 1961 nach seiner Einbürgerung das Trikot Italiens.


    Vor der WM in Schweden hatte Brasiliens Teampsychiater davon abgeraten, Pelé und Garrincha mit zur Endrunde zu nehmen. Pelé ist zu infantil. Er ist zu jung, um Aggression zu spüren und angemessen darauf zu reagieren, meinte Joao Carvalhaes. Außerdem hat er nicht das notwendige Gefühl für Teamgeist. Das Urteil über Garrincha war noch vernichtender. Bei einem Test holte der Spieler 23 von 123 Punkten. Das reiche nicht mal, um einen Bus zu fahren.


    Torschützenkönig Just Fontaine (13 Treffer) kam nur zufällig mit zur WM, da sich der etatmäßige Stürmer Raimond Blair verletzt hatte. 13 Mal traf niemals wieder ein einziger Spieler in einer Endrunde.


    Nach dem Ausscheiden gegen Schweden rollte eine hässliche Anti-Schweden-Welle durch Deutschland. Reifen schwedischer Autos wurden zerstochen, schwedische Menüs waren nicht mehr auf der Speisekarte, einige Auftritte schwedischer Künstler wurden annulliert. DFB-Chef Dr. Peco Bauwens forderte, diesen Boden nicht mehr zu betreten.


    Der Schotte Bobby Collins erzielte gegen Paraguay das 500. Tor der WM-Geschichte.


    Gut, dass Weltmeister Brasilien eine medizinische Betreuung hatte. Eine Untersuchung des Kaders konstatierte: 470 zu behandelnde Zähne, Würmer und Parasiten, Blutarmut und sogar einen Fall von Syphilis.


    Mit 17 Jahren and 239 Tagen ist Pelé der jüngste WM-Torschütze aller Zeiten.

    :P


    Lobo





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  • 1962


    Keine WM-Endrunde für Ästheten
    Revanche der Jugoslawen bewirkt Herbergers Rücktritt
    München - Nach zwei Endrunden in Europa bekam überraschenderweise Chile den Zuschlag für die WM 1962, denn auch Argentinien hatte sich beworben. Dann der Schock am 21. Mai 1960. Das bisher schwerste Erdbeben des Landes machte große Teile Chiles dem Erdboden gleich.


    Die Stimmen mehrten sich, die Endrunde zu verlegen. Doch Verbands-Präsident Carlos Dittburn meinte: "Wir müssen die WM haben, weil wir nichts haben." Staatspräsident Dr. Alessandri erklärte die Ausrichtung zur nationalen Angelegenheit.


    Dem Schiedsrichter entgleiste die Partie


    Und tatsächlich wurde das Turnier am 30. Mai 1962 im Estadio Nacional zu Santiago eröffnet. Doch die Endrunde sollte von Defensive und Brutalität geprägt werden. Deutschland wurde mit Italien, der Schweiz und Chile in die Gruppe 2 gelost. Die Partie gegen die Azzurri war an Langeweile kaum zu überbieten und endete 0:0.


    Da ging es bei der UdSSR gegen Jugoslawien schon turbulenter zu. Unter dem deutschen Referee Dusch entgleiste die Partie. 2:0, ein Beinbruch, eine offene Kopfwunde und ein Fausthieb waren das Ergebnis. Charakteristisch für diese WM, die nichts für Ästheten zu bieten hatte.


    Kriegsschauplatz bei Chile - Italien


    Übertroffen wurde diese Partie vom "Gemetzel" zwischen Chile und Italien. Die Stimmung war von bösen italienischen Korrespondenten-Berichten über die Zustände in Chile aufgeheizt. Zunächst gingen die Italiener in die Offensive und der englische Schiedsrichter Ken Aston stellte Ferrini schon nach acht Minuten vom Feld.


    Die Chilenen schlugen zurück. Hiebe ins Gesicht, Tritte gegen die Beine. Dann schlug kurz vor der Pause Leonel Sanchez den Italiener David zusammen. "Wenn Aston es nicht gesehen hat, so hätte er zumindest hören müssen, wie mir das Nasenbein abgeschlagen wurde", erinnerte sich David später. Doch der unschuldige David wurde zum Duschen geschickt und neun Italiener verloren 0:2.


    Scharfe Kritik an Sepp Herberger


    Deutschland schlug die Gastgeber 2:0 und zog ins Viertelfinale ein. Dort wartete wieder einmal Jugoslawien. Zum dritten Mal hintereinander bei einer Endrunde. Zwei Mal hatte die DFB-Elf gewonnen. Doch in Chile setzte Trainer Sepp Herberger auf eine bedingungslose Defensive. Fünf Minuten vor Schluss erziele Radakovic das einzige Tor.


    "Herberger hat uns eingemauert!" So empfingen die deutschen Zeitungen die ausgeschiedene Elf. Titelverteidiger Brasilien war mit etwas Mühe ins Viertelfinale eingezogen. Pelé verletzte sich schon im zweiten Spiel und meinte zu seinem Ersatzmann Amarildo: "Gott hat gewollt, dass ich nicht spiele. Es ist deine Stunde. Nutze sie." Amarildo schoss die Selecao mit zwei Treffern gegen Spanien unter die letzten Acht.


    Chile wird sensationeller Dritter


    Dort besiegte Brasilien die Engländer 3:1 und war auch beim 4:2 über Chile im Semifinale nicht aufzuhalten. Allerdings fehlte Pelé immer noch. Der Zwerg aus Chile wurde mit einem Treffer in der 90. Minute gegen Jugoslawien immerhin Dritter.


    Ganz heimlich und gut organisiert war die Tschechoslowakei mit Siegen gegen Ungarn und Jugoslawien ins Finale eingezogen. Beim Gegner musste sich der verletzte Pelé das Finale vom Spielfeldrand aus anschauen. Sein Ersatzmann Amarildo glich die sensationelle Führung der Tschechoslowakei aus. Zito und Vava sorgten für den 3:1-Endstand in einem nicht gerade spektakulären Finale. Brasiien hatte den Titel verteidigt.



    Was sonst noch passierte:


    Vaclav Masek (Tschechoslowakei) markierte im Spiel gegen Mexiko nach nur 16 Sekunden das schnellste Tor der WM-Geschichte.


    Der große Alfredo di Stefano (eigentlich Argentinier) nahm die spanische Staatsbürgerschaft an und spielte 1962 für Spanien. Aufgrund einer Verletzung kam er nicht zum Einsatz. So bestritt einer der genialsten Fußballer der Geschichte nie ein WM-Endrundenspiel.


    Einziger Höhepunkt beim 0:0 der Engländer gegen Bulgarien war ein streunender Hund, der aufs Feld lief und minutenlang Bobby Charlton anbellte.


    Nach dem Ausscheiden der Deutschen im Viertelfinale legte Sepp Herberger sein Amt nieder und Helmut Schön, der "Mann mit der Mütze", übernahm das Kommando.


    Der dritte Platz ist bis heute der größte Erfolg einer chilenischen Nationalmannschaft. Immer noch wird das Team von 1962 als beste aller Zeiten gefeiert.


    Die WM 1962 sah zum ersten Mal die Taktik des Catenaccio in seiner Vollendung. Perfektioniert vom argentinischen Trainer Helenio Herrera, der damit später bei Inter Mailand Erfolg haben sollte. "Alles Gerede von Schönspielerei ist Geschwätz. Die Welt schätzt nur Sieger", so Herrera, der in Chile Spanien trainierte. Italiens Vittorio Pozzo konterte: "Der Catenaccio wird dem Fußball den Tod bereiten." Herrera bekam den Spitznamen "Diktator" und "Sklaventreiber".


    Brasilien bereitete sich professionell in einem Höhentrainingslager vor. Auch an das Wohl der Spieler wurde gedacht. Der Mannschaftsarzt ließ sich im Spielrundenort Vina del Mar in einem Bordell den Gesundheit der 24 Prostituierten bescheinigen.


    FIFA-Präsident Rous dachte nach der vielen Brutalität daran, die WM ganz abzuschaffen. "Europäer und Südamerikaner kommen nicht mehr zueinander. Es hat keinen Sinn mehr. Es sei das Beste, wenn in Zukunft die Südamerikaner ihre Meisterschaft ausmachen und wir Europäer unsere. Wir vermeiden das Risiko, dass der Fußball stirbt."

    :P


    Lobo





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  • 1966


    Das legendärste Tor der WM-Geschichte
    "Wembley-Tor": Auf, vor oder hinter der Linie?
    München - 120. Minute im Finale der WM 1966: Deutschland lag mit 2:3 gegen England hinten, da schnappte sich Geoff Hurst den Ball und lief alleine auf Tilkowski zu. "Einige Zuschauer sind auf dem Spielfeld, sie denken es ist schon alles vorbei - jetzt ist alles vorbei."


    Die berühmten letzten Worte des BBC-Kommentators kennt in England jedes Kind. Hurst hatte zum 4:2 getroffen, Deutschland war endgültig besiegt, und das Mutterland des Fußballs war zum ersten Mal Weltmeister.


    Aufregung zu Beginn


    Doch Monate vor dem Finale herrschte erst einmal Chaos. Der Cup Jules Rimet war von einer Ausstellung entwendet worden. Alle Detektivarbeit half nichts. Ein unorthodoxer Helfer rettete die Veranstalter. Der Hund "Pickles" fand den Pokal kurze Zeit später unter einem Busch wieder. Aufatmen.


    Das Turnier auf der Insel begann für die deutsche Nationalmannschaft perfekt. Bundestrainer Helmut Schön reiste mit einer idealen Mischung aus Alt und Jung an. Im ersten Gruppenspiel wurde die Schweiz mit 5:0 weggefegt, Beckenbauer und Haller führten perfekt Regie. In der Partie der "Mauertaktiken" gegen Argentinien war für beide Teams oberstes Gebot, "zu null" zu spielen. Von Pfiffen begleitet endete die Begegnung torlos.


    Haller auf der Tribüne, "Emma" durfte ran


    Nach dem zweiten Gruppenspiel setzte es harsche Kritik. "Jetzt muss Emma ran!", forderten die Zeitungen. Helmut Haller "durfte" auf die Tribüne. Und Lothar Emmerich vom Europapokal-Sieger Borussia Dortmund lief gegen Spanien auf. Er und sein Vereinskollege Siggi Held wurden von der britischen Presse als "the terrible twins" (die schrecklichen Zwillinge) bezeichnet.


    Ein Sieg musste gegen Spanien her, um die Engländer im Viertelfinale zu meiden. Spanien ging in Führung. Emmerichs 1:1 bleibt unvergessen. Schneller Einwurf auf der linken Seite, "Emma" lief noch ein paar Schritte und hämmerte den Ball aus unmöglichem Winkel ins Netz. "Uns Uwe" Seeler bescherte den Deutschen den Siegtreffer und den Gruppensieg.


    Pelé: "Ich spiele nie wieder"


    Ausgeschieden waren die Brasilianer nach dem 1:3 gegen Ungarn. Pelé sah verletzt zu. Nach bösen Attacken im Spiel gegen die Portugiesen musste der Ausnahmespieler pausieren. Er schwor: "Ich werde nie wieder bei einer WM spielen." Zum Glück löste Pelé sein Versprechen nicht ein.


    Eine der größten Sensationen der WM-Geschichte: Im Ayresome Park zu Middlesbrough trafen die Azzurri auf Nordkorea. Eine klare Angelegenheit. Von wegen. Paak Doo Ik belehrte die Fachwelt eines Besseren. Sein Tor in der 41. Minute schickte die Italiener nach Hause, wo sie mit einem Tomatenhagel empfangen wurden.


    Beinahe hätte sich die Erfolgsstory der Koreaner fortgesetzt. 50.000 Zuschauer im Goodison Park trauten ihren Augen nicht, als Nordkorea nach 22 Minuten bereits 3:0 gegen den haushohen Favoriten Portugal führte. Doch dann kam Eusebio. Er traf vier Mal und die Portugiesen gewannen 5:3.


    Die "deutsch-englische Allianz"


    Im Viertelfinale wartete mit Uruguay ein unbequemer Gegner. 4:0 hieß es am Ende, wurde dem Spielverlauf aber nicht vollends gerecht. Der englische Schiedsrichter Finney stellte zwei Südamerikaner vom Platz. Troche fällte Emmerich, sah Rot und ohrfeigte Seeler während er den Platz verließ. Silva musste gar mit Polizisten vom Platz geführt werden. Zeitgleich schickte der deutsche Unparteiische Kreitlein den Argentinier Rattin in der Partie gegen England zum Duschen.


    Der Schwabe verstand zwar kein Spanisch, doch es soll sich nach einer Beleidigung angehört haben. Der englische Siegtreffer war zudem stark abseitsverdächtig. In Südamerika wurde offen von "Schiebung" und einer "deutsch-englischen Allianz" gesprochen. "Zuerst stahlen uns die Engländer die Malvinen. Jetzt den World Cup", schrieb die Zeitung "Crónica" in Buenos Aires.


    "Argentinier wie die wilden Tiere"


    Der englische Nationalcoach Alf Ramsey goss Öl ins Feuer: "Wir müssen noch zeigen, was wir wirklich können. Das wird nur gegen eine Mannschaft gelingen, die auch Fußball spielt und sich nicht wie Tiere aufführt."


    Dazu gab es im Endspiel Gelegenheit. Deutschland und England gewannen ihre Halbfinals und trafen sich zum großen Showdown im Wembley-Stadion. 2:2 stand es nach der regulären Spielzeit. Wolfgang Weber hatte in wirklich allerletzter Sekunde ausgeglichen.


    Das historische "Wembley-Tor"


    101 Minuten gespielt, da entschied der sowjetische Linienrichter Tofik Bachramov das Finale. Hurst hatte den Ball gegen die Unterkante der Latte gefeuert. Von dort aus sprang der Ball auf das Feld zurück. Auf der Linie, vor der Linie, hinter der Linie? Allgemeine Ratlosigkeit. Der Schweizer Schiedsrichter Dienst lief zu seinem Kollegen an der Linie, und der entschied auf Tor.


    Fragwürdige Begründung des Linienrichters


    Jahre später gab Bachramov zu: "Ich habe den Ball nicht richtig gesehen. Ich habe aber beobachtet, wie der Engländer Hunt nach dem Schuss von Hurst die Arme hochriss. Ich sah auch, dass der deutsche Torwart untröstlich war. Deshalb muss es Tor gewesen sein."


    Die "Bild" titelte einen Tag später: "Wir haben 2:2 verloren", und ganze Generationen führen bis heute hitzige Diskussionen über diese Szene. Uwe Seeler machte das einzig Richtige. Er hielt seine Mannschaft von heftigen Protesten zurück. Deutschland hatte ein tolles Turnier gespielt und verlor mit Anstand.



    Was sonst noch passierte:


    1963 wurde der englische Fußball-Verband 100 Jahre. Als Würdigung erhielten die Briten den Zuschlag für die WM. England ist wegen der Vorreiterrolle im Fußball bis heute der einzige Verband, der keine Landesbezeichnung im Namen hat.


    Die WM blieb vorerst noch eine Hochburg der Europäer und Südamerikaner. 15 afrikanische Länder hatten zur Qualifikation gemeldet. Die Fifa stellte dem Kontinent jedoch nur einen Platz bei der Endrunde zur Verfügung. Aus Protest zogen alle Afrikaner ihre Meldung zurück.


    Das 1:3 der Brasilianer gegen Ungarn war die erste Niederlage der Selecao nach 13 Spielen (seit 1954). Da verlor Brasilien auch gegen die Ungarn.


    Als Belohnung lud die FIFA den Hund Pickles und seinen Besitzer zur WM 1970 nach Mexiko ein. Doch tragischerweise verstarb Pickles kurz vor dem Turnier in Südamerika.

    :P


    Lobo





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  • 1970


    Deutschland - Italien: Spiel der Titanen
    Superstar Pelé krönt seinen Abschied mit dem Titel
    München - Eines der spannendsten und verücktesten Spiele der WM-Geschichte sahen die Zuschauer im Azteken-Stadion 1970 zwischen Deutchland und Italien. Am 17. Juni sanken nach 120 Minuten alle Akteure entkräftet zu Boden. Im WM-Halbfinale hatte Italien Deutschland mit 4:3 besiegt. Es war eine wahnsinnige, eine spannende, eine verrückte Begegnung - die turbulenteste Partie der WM-Geschichte. Noch heute erinnert im Azteken-Stadion in Mexico-City ein Denkmal an das packendste WM-Spiel aller Zeiten, das als "Jahrhundert-Spiel" in die Geschichte einging.


    Vor der Weltmeisterschaft stand das Team um Helmut Schön jedoch erst einmal in der Kritik. Der Bundestrainer hatte Uwe Seeler als Sturmpartner von Gerd Müller gesetzt, ein Schritt, der bei Vielen auf Unverständnis stieß. Aber Schön sollte Recht behalten. Gleich im ersten Gruppenspiel gegen Außenseiter Marokko machte sich das Sturmduo bezahlt. Die Afrikaner führten mit 1:0, doch Seeler und Müller trafen. Die Nationalelf entging nur knapp einer Blamage.


    Der Geist von 1966


    Uwe Seeler meinte nach der ersten Partie: "Ein Gutes hatte dieses Spiel, ab jetzt kann's nur noch aufwärts gehen." Und das tat es auch. Seeler fütterte Müller mit Bällen, Overath dirigierte, Beckenbauer konterte und Libuda dribbelte die Gegenspieler schwindelig. Einem 5:2 über Bulgarien, folgte ein klares 3:1 (Hattrick von Gerd Müller) gegen Peru. Deutschland war Gruppenerster.


    "Wir denken nicht an 1966", versicherte der Bundestrainer vor dem Viertelfinale. Die Deutschen mussten gegen England ran, und natürlich dachte jeder an 1966. Die Erinnerungen an das ominöse "Wembley-Tor" waren allgegenwärtig. Das Fernsehen hatte die Anstoßzeit 12 Uhr diktiert, die Sonne brannte unerbittlich über dem Spielfeld. 50 Grad wurden gemessen!


    Revanche gegen den Weltmeister


    Lange Zeit sah es für Deutschland nicht gut aus. Nach mehr als einer Stunde führten die Engländer 2:0 (Mullery, Peters), die Deutschen ohne den Hauch einer Chance. Dann verkürzte Beckenbauer, und Uwe Seeler schaffte mit einem Geniestreich per Hinterkopf den Ausgleich.


    In der Verlängerung entschied Gerd Müller das Spiel gegen die mittlerweile kraftlosen Engländer. Die Bild titelte: "Alemania bum, bum, bum", eine mexikanische Zeitung brachte die Bedeutung des 3:2 auf den Punkt: "Die Rechnung ist beglichen!" Doch die Dramatik sollte noch gesteigert werden.


    Ausgerechnet Schnellinger


    Halbfinale Italien gegen Deutschland: Boninsegna hatte die Italiener früh in Führung gebracht. Die Deutschen liefen dem Rückstand bis zur letzten Sekunde hinterher. Schnellinger grätschte in einen Querpass von Grabowski und drückte den Ball über die Linie (92.). "Ausgerechnet Schnellinger werden die Italiener jetzt sagen", flüsterte TV-Reporter Ernst Huberty. Der Carlo Schnellinger spielte zu diesem Zeitpunkt für den AC Mailand.


    Unmöglich die Turbulenz der Verlängerung wiederzugeben. Beide Teams waren erschöpft, Taktiken wurden über Bord geworfen. Gerd Müller besorgte mit einem "Kullerball" das 2:1, Burgnich glich nach einem Held-Patzer aus.


    Deutschland wird Dritter


    Danach ging es Schlag auf Schlag: Riva mit dem 3:2, Müller hechtete zwischen Rivera und Keeper Albertosi hindurch in eine Flanke. 3:3. Doch als der Ausnahmefußballer Gianni Rivera völlig ungedeckt das 4:3 markierte, war das unglaubliche Halbfinale entschieden und die mexikanische Presse schrieb: Das war das Duell der Titanen!


    Deutschland spielte gegen Uruguay um Platz drei. Overath schoss sein einziges WM-Tor und bescherte der Schön-Truppe den Sieg. Erhobenen Hauptes konnte die Nationalmannschaft die Heimreise antreten.


    Abschied mit WM-Titel


    Italien zog ins Finale ein, das deutlich mit 4:1 an Brasilien ging. Pelé brachte die Selecao in Führung. Boninsegna glich zwar noch einmal aus. Doch die grün-gelbe Übermacht war zu groß. Gerson, Jairzinho und Carlos Alberto sorgten für den Endstand.


    Brasilien war zum dritten Mal Weltmeister und durfte den Cup Jules Rimet behalten. Mit seinem letzten internationalen Spiel krönte sich Pele als Weltmeister. Ein würdiger Abgang eines der größten Fußballer aller Zeiten.


    Was sonst noch passierte:


    Erstmals bei einer WM kamen die 16 Teinehmer von 5 Kontinenten. Nur Ozeanien war nicht vertreten.


    Ein weiteres Novum in Mexiko: Zum ersten Mal wurde die Rote Karte eingeführt und ein Spieler nicht nur verbal des Feldes verwiesen (es gab aber keinen Platzverweis!). Auch der Auswechselspieler wurde in Mexiko zum ersten Mal eingeführt. Der Mexikaner Juan Basaguren war der erste "Bankdrücker", der ein WM-Tor erzielte (gegen El Salvador).


    Die Engländer spielten vor der WM ein Testspiel in Kolumbien. Bobby Charlton und Bobby Moore wurden während eines Ausfluges als Juwelendiebe verhaftet, Moore gar unter Hausarrest gestellt. Nur ein diplomatisches Einschreiten sicherte ihm die WM-Teilnahme. Monate später stellte sich die Anschuldigung als fingiert heraus.


    Mit nur einem einzigen Treffer (1:0 gegen Schweden) qualifizierte sich Italien in drei Vorrundenspielen als Gruppenerster für das Viertelfinale.


    Die deutsche Elf reiste mit eigenem Proviant an. Doch der mexikanische Zoll beschlagnahmte zwölf Zentner deutsches Fleisch. Auch die Frühstückswürstchen der Engländer wurden dort konfisziert.


    Die deutsche Gruppe vier verbuchte mit einem Schnitt von 13.250 Besuchern das geringste Zuschauerinteresse.


    Der Brasilianer Jairzinho erzielte in jedem seiner Spiele mindestens einen Treffer. Das ist bis heute unerreicht.


    Mit sieben Gegentreffern kassierten die Brasilianer die bisher meisten aller Weltmeister.


    Erstmals wurde eine WM im TV in Farbe übertragen. Über 800 Millionen Zuschauer verfolgten die Begegnungen am Bildschirm, so dass sich der Spielplan zum ersten Mal auch an den Wünschen der europäischen Sender orientierte.

    :P


    Lobo





    Glück ist das einzige was sich verdoppelt, wenn man es teilt[SCHILD=random]der beste Lobo der Welt [/SCHILD]

  • 1974


    Als Deutschland die Arroganz besiegte
    Pleite im Bruder-Duell - Wasserschlacht in Frankfurt
    München - Kapitän Franz Beckenbauer reckte den Pokal gen Himmel, sie hatten es geschafft. Doch für den zweiten WM-Titel war ein gehöriges Stück Arbeit erforderlich.


    Nach dem überragenden EM-Erfolg 1972 zählte die deutsche Mannschaft zu den absoluten Top-Favoriten auf die Weltmeisterschaft 1974. "Das begabteste Team unseres Kontinents" ("The Times"), "Diese Mannschaft ist nur mit einer Maschinenpistole aufzuhalten" ("Gazzetta dello Sport") - Superlativen en masse nach dem 3:0 über die UdSSR. Netzer, Beckenbauer, Müller, Overath, zählten zu den Besten der Welt.


    Das "Ende der Welt" für England


    Tragische Szenen gab es jedoch bei den Engländern. In der Qualifikation musste Polen in Wembley geschlagen werden, um bei der WM dabei zu sein. Schuss auf Schuss prasselte auf Jan Tomaszewski ein. Er schien unbezwingbar. 100.000 Zuschauer konnten es nicht fassen, als die Polen nach einer Stunde in Führung gingen. Mit dem ersten Torschuss. Es reichte nur zu einem Elfmetertor für England. Zu wenig. "Das Ende der Welt" und "Englands Nacht der Tragik" titelte die Presse.


    Auch die Niederlande wären beinahe gescheitert. In der entscheidenden Partie gegen Belgien versagte der russische Referee den "Roten Teufeln" ein reguläres Tor. Es hätte das Aus für die Holländer bedeutet. So kassierte Belgien (wie Italien) in der Qualifikation zwar kein Gegentor, musste sich aber der Tordifferenz geschlagen geben.


    Pleite im Bruder-Duell gegen DDR


    14. Juni, Anpfiff zum ersten deutschen Spiel gegen Chile. Vor 84.000 Zuschauern in Berlin erzielte Paul Breitner mit einem fulminanten Weitschuss nach 18 Minuten das einzige Tor. Dem mühsamen Auftakt folgte ein 3:0-Pflichterfolg über Australien. Spiel drei der Vorrunde ist Fußball-Historie geworden: In Hamburg traf die Bundesrepublik am 22. Juni auf die DDR.


    79. Minute: Jürgen Sparwasser bekam den Ball, ließ Höttges stehen, Vogts zu spät, und der Schuss schlug zum 1:0-Siegtreffer für die DDR ein. "Auf meinem Sarg müsste nur stehen, Hamburg WM 74 und schon wüsste jeder Bescheid", meinte Sparwasser 1998. "Es gab keine große Ehre auch keine besonderen Prämien. Es war das Spiel der Funktionäre." Die Bundesrepublik war zwar für die zweite Finalrunde qualifiziert, hatte aber keineswegs überzeugt.


    Beckenbauer wird laut


    "Noch ist Deutschland nicht verlorenen", titelte die "Bild". Nach der Niederlage im "Bruderkampf" schlug Kapitän Beckenbauer mit der Faust auf den Tisch, die Mannschaft raufte sich zusammen.


    Erstmals wurde wieder eine zweite Gruppenphase nach der Vorrunde eingeführt. Das DFB-Team traf auf die starken Polen, Schweden und Jugoslawien. Holland hatte es mit der DDR, Brasilien und Argentinien zu tun. Deutschland schlug Jugoslawien 2:0, die Schweden wurden in einer tollen Partie mit 4:2 niedergekämpft.


    Wasserschlacht von Frankfurt


    In Frankfurt kam es zur entscheidenden Begegnung gegen die Polen, die ebenfalls zwei Siege auf dem Konto hatten. Sintflutartige Regenfälle sorgten für katastrophale Platzverhältnisse. Der Anpfiff erfolgte fast eine Stunde später, die Begegnung wurde durch Wolkenbrüche immer wieder beeinträchtigt. Nach 90 Minuten im Waldstadion hatte das deutsche Team nach einem typischen Gerd Müller-Tor das Finale erreicht.


    Gegner war Holland. Das Oranje-Team hatte in der Zwischenrunde begeistert. Drei Siege ohne Gegentor. Zum Abschluss gab es ein ungefährdetes 2:0 über Titelverteidiger Brasilien. Die meisten waren sich einig: Johannes Neeskens, Johannes Cruyff, Johannes Rep, Ruud Krol und Co. würden die neuen Weltmeister.


    Zwei Elfmeter im Finale


    7. Juli 1974. Deutschland gegen Holland, das Finale in München. 30 Sekunden gespielt. Urplötzlich setzte Cruyff zu einem Sprint an, drang in den Strafraum ein. Uli Hoeneß holte ihn von den Beinen. Neeskens hämmerte den Strafstoß in die Mitte - Tor. Deutschland erholt sich langsam von dem 0:1-Schock.


    Cruyff und Neeskens waren kaum zu stoppen. "Wenn Cruyff den Ball hat, mache ich die Augen zu und laufe. Der Ball kommt dann automatisch", meinte Neeskens. So liefen die ersten 20 Minuten.


    Dann wurde die DFB-Elf stärker. Bernd Hölzenbein ließ im holländischen Sechzehner zwei Mann aussteigen und wurde von Jensen gelegt. Wieder Elfmeter (25.). Breitner erzielte eiskalt den Ausgleich.


    Siegtreffer durch Müller


    Die Gastgeber drängten. Franz Beckenbauer scheiterte mit einem Freistoß an Paradiesvogel Jan Jongbloed. Grabowski, Hoeneß und Vogts vergaben gute Chancen.


    Dann die 43. Minute: Bonhof mit schönem Flankenlauf auf rechts. Pass in die Mitte. Gerd Müller verfehlte beim ersten Versuch. Bekam den Ball erneut. Schnelle Drehung, Schuss ins linke Eck. Jongbloed zum zweiten Mal geschlagen.


    Die zweite Hälfte ist eine regelrechte Abwehrschlacht der Deutschen. Die starken Holländer scheiterten jedoch immer wieder am glänzenden Sepp Maier. Nach 90 Minuten hatte es Deutschland zum Titel geschafft.


    "Wollten die Deutschen vorführen"


    1973 hatte Ajax Amsterdam die Bayern im Viertelfinale des Landesmeister-Pokals 4:0 deklassiert. "Wir wollten die Deutschen vorführen", meinte später Johnny Rep. "Wir vergaßen dabei das zweite Tor zu schießen." Uli Hoeneß gab zwar zu: "Sie waren ein besseres Team als wir." Doch die Niederlande waren an der Arroganz gescheitert. "Es störte uns nicht, wenn wir nur 1:0 gewannen, so lange wir sie demütigen konnten", verriet Wim van Hanegem.


    "Wir nahmen uns vor, den Holländern in die Augen zu schauen", erklärte Bernd Hölzenbein später. "Wir wollten zeigen, dass wir genauso groß waren, wie sie. Sie hatten das Gefühl, unschlagbar zu sein. Ihre Haltung war: Mit wie vielen Toren Unterschied wollt ihr heute verlieren, Jungs!"


    20 Jahre und drei Tage nach Bern waren die Deutschen wieder Weltmeister. "Sie haben auf die teutonische Art gewonnen", titelte der "Corriere dello Sport". Der Glanz des EM-Titels von zwei Jahren zuvor fehlte. Die deutsche Maschine hatte "Fußball gearbeitet" (Breitner). Und gegen den "Fußball total" der Holländer triumphiert.



    Was sonst noch passierte:


    Für die WM in Deutschland bewarb sich eine Rekord-Teilnehmerzahl von 96 Nationen.


    Die Niederlande qualifizierten sich zum ersten Mal seit 36 Jahren wieder für eine Endrunde.


    Die UdSSR musste in zwei Entscheidungsspielen gegen Chile antreten. 0:0 endete das Hinspiel in Moskau. Nach dem Militärputsch in Chile nutzten die Südamerikaner das Nationalstadion als Gefängnis und Folterstelle für Verdächtige. Die UdSSR bat um eine Verlegung. Die FIFA lehnte ab. Am 21. November 1973 wurde die Partie angepfiffen. Chile schob den Ball ins leere Tor, da der Gegner nicht angetreten war. Dann der Abbruch, weil niemand den Wiederanstoß ausführen konnte. Die Partie wurde 2:0 für Chile gewertet.


    Das 1:0 der DDR über die Bundesrepublik war der erste und letzte Vergleich beider Länder.


    Zum ersten Mal wurde der neue Fifa-Weltpokal vergeben. Nach dem dritten WM-Sieg 1970 ging der Cup Jules Rimet in den Besitz der Brasilianer über.


    Zwei Tage vor dem Finale berichtete Bild über die Pool-Affäre der Holländer, die sich in ihrem Quartier (Münster-Hiltup) mit nackten Mädchen vergnügt haben sollen. Eine erzürnte Danny Cruyff soll daraufhin die ganze Nacht vor dem Finale mit ihrem Mann am Telefon diskutiert haben. Keine angemessene Spielvorbereitung!

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    Lobo





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