Gruselkabinett Nr. 94 - Tobias Guarnerius

  • Der Klappentext ist nicht gänzlich zutreffend, wenn der Erzählung des Wirtes geglaubt werden darf. Tobias Guarnerius verdient als Geigenbauer nicht mit Mühe und Not das Allernötigste. Er könnte gut von seinem Geschäft leben, doch da er es bevorzugt statt an Kundenaufträgen an seinem privatem Projekt zu arbeiten, bleiben nach und nach Aufträge aus. Seiner Mutter hat er es zu verdanken, dass sie über die Runden kommen, da sie um Aufträge kämpft und ihren Sohn zu deren Ausführung drängt. Dies erfährt ein Johann am eigenen Leib, der sich mit einer der schönen Bremer Frauen verabredet hat. Um die Wartezeit bis zum Eintreffen der Frau zu überbrücken, betritt er das Geschäft von Guarnerius. Drei Jähre später befindet er sich erneut in Bremen und findet das Geschäft verrammelt vor. Seine Neugier ist geweckt und so lässt sich von einem Wirt, der zugleich eine Magistratsperson ist, erzählen, was Guarnerius in der Zeit widerfahren ist: welche Qualen er sich und seiner Mutter zufügte, um eine Stradivari Geige zu kopieren.


    In diesem mit 46 Minuten recht kurzem Hörspiel gibt es stolze 16 mitwirkende Sprecher, die allesamt hervorragende Arbeit leisten. Hasso Zorn erzählt gekonnt die Geschichte seines Urgroßvaters Johann, den Timmo Niesner hervorragend lebendig interpretiert. Den größten Teil des Hörspiels begleitet Peter Weis als Erzähler. Er füllt die Rolle des Wirtes aus, der Johann retroperspektiv die Geschichte von Tobias Guarnerius packend erzählt. Tobias Nath spielt gekonnt Tobias Guarnerius. Ganz gleich ob herrisch, mürrisch, wütend, arrogant, ärgerlich, aufgeregt, …
    Kerstin Sanders-Dornseif leiht Tobias Guarnerius Mutter ihre Stimme. Sie passt wunderbar zur Rolle und vereinfacht es, Mitleid zu empfinden. Bremens Bürgermeister und sein hoheitlicher Besuch werden von Max Schautzer und Patrick Bach gesprochen und bilden einen guten Gegenpart zu Tobias Guarnerius: Der durchaus sympathisch klingende Bürgermeister, weiß seiner Stimme Nachdruck zu verleihen und damit Befehle durchzusetzen, sodass sich auch Guarnerius beugt. Dem Prinz hingegen ist seine Begierde und tiefster Wunsch, ein spezielles Werk von Guarnerius zu besitzen, deutlich anzuhören. Eine tolle Leistung. Die übrigen Sprecher überzeugen ebenfalls. Tom Deinigers Stimme höre ich immer gerne. Sie erinnert mich immer ein wenig an Achim Schülke und Klaus Dittmann, denen ich ebenfalls sehr gerne lausche.


    In medias res – dem Hörer wird gleich zu Beginn des Hörspiels alles geboten: Passende Musik, eine Geräuschkulisse, die eine Stadt zum Leben erweckt und der erste Sprechereinsatz. Cover, Musik, Geräusche, Produktion – alles befindet sich auf dem gewohnt hohem Titania Medien Niveau.


    Fazit
    Dieses kurzweilige Hörspiel gefällt mir. Gruselig ist es weniger, dafür gewohnt atmosphärisch und ebenfalls sehr traurig. Sehr gelungen finde ich die Verschachtelung der Erzählung, bei der folgerichtig die jeweiligen Protagonisten die Erzählerrolle einnehmen.