In der 127 Folge des Gruselkabinetts verbindet Marc Gruppe zwei Erzählungen von Edgar Allan Poe. Die Kombination finde ich geschickt, so scheint es garnicht abwegig, dass Mr. Valdemar kurz vor seinem Tod dem Doktor ein Geständnis ablegt und von seiner Tat berichtet, die unter dem Titel „Das verräterische Herz“ bekannt ist. Die Rahmenhandlung stellt der bevorstehende Tod von Mr. Valdemar, den Dr. Pelham nutzen möchte, um Lücken in der Erforschung des Magnetismus durch ein neues Experiment zu schließen: Die Hypnose vor Eintritt des Todes. Die große Frage, was mit dem Hypnotisierten nach dem Eintritt des Todes durch die Schwindsucht passiert, beschäftigt den Hörer und die Protagonisten. Mr. Valemar erhofft sich, auf diese Weise sein Leben zu verlängern…
Die beiden Erzählungen aus der Feder von Edgar Allan Poe werden gut erzählt. Besonders der Fall Valdemar gefällt mir, da auf diesen mehr Zeit aufgewandt wird. Das verräterische Herz wird relativ schnell abgehakt: Ich vermisse hier den Grusel durch eine zeitintensivere Inszenierung des persönlich empfundenen Grauens des Täters. Das fand ich schon beim Disney-Trickfilm (den gibt es glaube ich nur auf Englisch und ähnelt einem Hörbuch mit Bildmaterial) wahnsinnig packend und spannend – und bei anderen Hörbüchern ebenfalls. Bei der vorliegenden Vertonung wird weniger Wert auf das Grauen, als auf die geistige Zurechnungsfähigkeit des Erzählenden gelegt. Damit ergibt sich eine schöne Kontrastation zu der Selbstwahrnehmung. Mit 68 Minuten handelt es sich um ein längeres Hörspiel und so kann ich nachvollziehen, warum das verräterische Herz etwas kürzer gehalten wurde.
Beim verräterischen Herz ist, wie in Folge 126, Peter Weis zu hören. Dieses Mal in einer ganz anderen Rolle. Seine Stimme klingt gleich ganz anders – faszinierend! Er leiht seiner Stimme einem liebenswerten alten Mann. Eine tolle Besetzung! Ebenso weiß Louis Friedemann Thiele als junger Valdemar zu überzeugen. Er ist eine ideale Besetzung, harmoniert er doch exzellent mit Rolf Berg, der den sterbenden Mr. Valdemar spricht. Eine faszinierend gute Leistung. In der Rahmenhandlung spielt das Grauen eine größere Rolle. Was mich jedoch mehr beschäftigte als ein wohliger Schauer (das mag besonders an meiner Vorkenntnis der Geschichte liegen, die ich schon häufig gehört habe), war der Ekel, den ich empfand. Das hatte ich bisher bei keiner Vertonung! Es ist somit äußerst gut gelungen, den sterbenden und den toten Mr. Valdemar akustisch darzustellen.
Die Sprecher überzeugen auf ganzer Linie. Dagmar von Kurmin hat eine etwas undankbare Rolle als – für mich – nervige Pflegerin. Amüsant fand ich, dass ebenfalls im Hörspiel die Namen aller anwesenden Personen genannt wurden, es aber bei der Pflegerin schlichtweg „die Pflegerin“ hieß. Das wirkt etwas respektlos.
Helmut Wikelmanns Stimme passt gut zu einem Hypnotiseur, da er mit seiner kräftigen Stimme in mein Bild passt, in dem Magnetismus auf die Menschen einen besonderen Reiz ausübte – ich musste an E.T.A. Hoffmans „Der Magnetiseur“ denken. Tom Raczko ist in diesem Hörspiel nicht als Sohn einer Spanierin zu hören, sondern als junger Arzt, der mit Unglaube und Schrecken den Ereignissen folgt. Die Musikuntermalung und Geräusche bilden erneut eine perfekte Symbiose, sodass ein wunderbar atmosphärisches Hörerlebnis entsteht.
Fazit
Ein gelungenes Hörspiel nach zwei Erzählungen Edgar Allan Poes, bei dem mich mehr der Ekel im Griff hielt als der Grusel. Es war jederzeit interessant dem Geschehen zu folgen. – Bis zum bitteren Ende.