Zettelkalender - Weihnachten mit Jules Verne

  • Zurück zum Gefängnis:

    (Vertiefend siehe: https://www.j-verne.de/verne_bio_in_Familie.html)

    Vater Jules ließ ihn „verwahren“, weil er völlig neben der Spur war. Diese Verfahrensweise kann heute nur noch Entsetzen hervorrufen. Zeigt aber auch die Hilflosigkeit der Familie…

    Danke! Ich konnte mich nur an die Sache mit der Erziehungsanstalt erinnern:

    Zitat

    Schon als kleinerer Junge machte er Probleme, inzwischen wurde er immer starrköpfiger und alle Erziehungsversuche prallen an ihm ab. Negativer Höhepunkt dieser Entwicklung ist ein achtmonatiger Aufenthalt Michels in einer Erziehungsanstalt. Aber der Junge wird immer labiler und um Schlimmstes zu verhindern, vor allem um ihn vor sich selbst zu schützen, wird er zurück in die Familie geholt. Die jetzt entstandene Situation ist für Jules Anlass sich noch mehr hinter der Arbeit zu verkriechen.

    Aber ins Gefängnis hat man ihn auch gesteckt – vorübergehend:

    Zitat

    Nach 1876 gibt es eine weitere Eskalation: Der fünfzehnjährige Michel hat angefangen zu Trinken und durch Spielen verschuldet er sich. Die gesamte Familie Verne, also Eltern und Großeltern, fühlen sich brüskiert. Im Familienkreis entschließt man sich zu drastischen Maßnahmen: Um Michel „auf den richtigen Weg zu bringen“, soll er für eine längere Zeit auf einen Indien-Fahrer gesteckt werden, um an Bord „diszipliniert“ zu werden. Vorsichtshalber lässt ihn die Familie bis zur Abfahrt in ein Gefängnis unterbringen. Eine damals durchaus praktizierbare Lösung, die heute nur Kopfschütteln verursacht. Als er 1879 von See zurückkehrt ist ein spürbarer Sinneswandel nicht erkennbar.

    Auf dem Zettel vom Zettelkalender steht es kürzer und ist so ein wenig irreführend:

    „1878 ließ Verne ihn schließlich ins Gefängnis stecken und von dort aus auf ein Segelschulschiff überführen, wo er die Härten des Arbeitslebens kennenlernen sollte.“

    Aber dann musste er gar nicht arbeiten!?? Es geht folgendermaßen weiter:

    „Allerdings musste er selbst nicht arbeiten und speiste am Tisch des Kapitäns; es überrascht daher nicht, dass die Maßnahme fehlschlug.“

  • 15. Zettel: Die große Überfahrt: „Genug Aufregung für den Rest meines Lebens“

    Die Reise auf der Great Eastern. Zitat: „Wir hatten fürchterliche Stürme; trotz ihrer Größe tanzte die »Great Eastern« wie eine Feder auf den Wellen; der Bug wurde von einem Brecher abgerissen.“

    Wenn Bug weg, dann gluck gluck, Schiff gesunken, oder? Es ist aber wirklich eine undankbare Stelle:

    « … son avant a été emporté par un coup de mer. »

    ‹avant› heißt eigentlich ›Vorschiff‹, und wenn Vorschiff weg, dann erst recht gluck gluck. Die wahrscheinliche Lösung findet sich in der letzten Nautilus auf S. 21 (auch wenn auf S. 42 ebenfalls vom Bug die Rede ist):

    „Samstag, 6. April: Heute Morgen ein furchtbarer Sturm. Hat unsere vordere Schanzkleidung weggerissen.“ („An Bord der Great Eastern – Tagebuch des Passagiers Abram Hatch.“)

    16. Zettel: Jules Verne und das Meer

    „Geradezu enzyklopädisch listet der Erzähler, Professor Aronnax, nahezu die gesamte maritime Flora und Fauna in all ihren Arten und Unterarten auf, in einem hilflosen Versuch, die überwältigende Schönheit der Natur fassbar zu machen.“

    17. Zettel: „Mein misanthropischer Held Nemo“: 20.000 Meilen unter dem Meer (1869)

    „Mit dem geheimnisvollen Kapitän Nemo gelang Verne jedoch sein erster – und einziger – mythologischer Held: ein heimliches Alter Ego, ein gekränkter Kämpfer für Recht und Freiheit, der im Meer Zuflucht findet und an den Wundern der Natur teilhaben kann, ohne dabei (dank seines komfortabel ausgestatteten Gefährts) auf die Annehmlichkeiten eines bürgerlichen Lebens verzichten zu müssen.“

  • 18. Zettel: Rätsel, s. o. #7:

    Da im Bild in dem Kreis sieht man zwei Briefmarken mit einem Schiff, das als Saint Michel III bezeichnet wird, was aber gar nicht passt. (Zettel vom 18.12.) Und die Rätselaufgabe besteht dann ganz banal darin, dass man die 11 (eingebauten) Unterschiede im zweiten Bild finden soll. Verzichtbar. An einer Stelle hatte ich auch zwei Unterschiede gefunden, die aber nur als einer gewertet wurden. Verwirrend.

    19. Zettel: „Niemals ist der Schrecken im Theater mit einer solchen Genauigkeit dargestellt worden“: Verne auf der Bühne

    „[…] und aus London hatte man einen lebenden Elefanten importiert. Außerdem hatte man noch einen dramatischen Schiffbruch hinzugedichtet, der dem Stück sogar einen Eintrag in das »Grand Dictionnaire Universel du XIXième siècle« bescherte: »Sobald man die Explosion hört, leitet der Heizer ruckartig den Dampf um, die Bühne füllt sich mit Rauch und das Schiff geht im Sturm schaurig unter. Man sieht, wie es nach und nach bis zur Wasserlinie sinkt, dann verschwinden sogar die Masten und das Meer schließt sich über seinem Opfer. Niemals ist der Schrecken im Theater mit einer solchen Genauigkeit dargestellt worden.«“

    20. Zettel:

    „Mit Kopf und Herz kommt man weit“: Michel Strogoff (1876)

    „Ziemlich genau 100 Jahre nach Erscheinen des Buches wurde in Deutschland eine Filmversion des Buches ausgestrahlt. Raimund Harmstorf, ein ehemaliger Zehnkämpfer, mimte so überzeugend den zähen, schweigsamen Helden, dass der Vierteiler vor Weihnachten ein echter Straßenfeger mit 25 Mio. Zuschauern wurde. Nur mit dem Schluss waren die deutschen Fernsehzuschauer unzufrieden: der Film blendete nämlich kurz vor dem Happy End mit Kuss im Ballsaal aus – die Szene war den Intendanten wohl zu kitschig …“

    Hm, weiß jemand Näheres? Was war da los? War die beschriebene Szene in ausländischen Fassungen enthalten?

  • Wenn Bug weg, dann gluck gluck, Schiff gesunken, oder?

    Oder vielleicht doch nicht, wenn die Schotten dicht sind? (Damit meine ich übrigens keine betrunkenen Einwohner des nördlichen Britanniens.) Aber selbst wenn das Schiff nicht sinkt, kann es höchstens noch langsame Fahrt machen und muss aufwändig repariert werden. Das hätte unser guter Jules dann gewiss erwähnt.


    21.Zettel: Das Attentat

    Über Gastons Anschlag.

    22. Zettel: Ballonrätsel

    Leider uninteressant. Ein Buchstabengitter:

    „Wie hieß der Ballon aus »Fünf Wochen im Ballon«? Der Name versteckt sich senkrecht, waagerecht oder diagonal, von oben nach unten oder umgekehrt.“

    Die Lösung ist auf der anderen Seite aufgedruckt, zwar spiegelverkehrt, aber man sieht gleich (bevor man den Zettel auffaltet), dass es diagonal ist und erkennt normalerweise auch schon den Namen Victoria.

    23. Zettel: Erfinder der Science-Fiction?

    Ganz guter kurzer Text, enthält z. B. das Verne-Zitat, er habe „lediglich eine Fiktion aus dem entwickelt, was in der Folge zur Tatsache werden musste“.

    24. Zettel: Ein unverhoffter Fund im Tresor

    Paris im 20. Jahrhundert. „Verne zeigte sich hier von einer erstaunlich fortschrittskritischen Seite – und Verleger Hetzel war entsetzt. »Eine Veröffentlichung wäre eine Katastrophe für Ihren guten Namen«, befand er.“

  • Fazit: Einiges ist gar nicht schlecht; die besten Stellen habe ich oben zitiert. Gutes Design. Aber insgesamt reißt dieser Kalender wohl niemanden wirklich vom Hocker. Ich würde eher abraten.


    Noch mal kurz zu dem Vierteiler. Eigentlich ein gruseliges Wort. Wer soll denn da gevierteilt werden?

    Hm, weiß jemand Näheres? Was war da los? War die beschriebene Szene in ausländischen Fassungen enthalten?

    Ich hab jetzt mal bei Wikipedia nachgeschaut:

    Zitat

    Nach Ausstrahlung des 4. Teils reagierte das deutsche Fernsehpublikum ziemlich verärgert, da es sich um das Happy End betrogen sah. Die deutsche Fassung endete nach Beendigung der Kämpfe in Irkutsk. In Wirklichkeit ging der Film aber noch mehrere Minuten mit Szenen in St. Petersburg weiter. Es zeigte vor allem das Happy End zwischen Michael und Nadia auf einem Ball des Zaren. Dem Publikum war aufgefallen, dass auf dem Umschlag der Schallplatte mit der Filmmusik das glückliche Paar in einer Tanzszene abgebildet war, die im Film nicht zu sehen war. Das ZDF meinte sinngemäß zu dem Schnitt, ein solcher Operettenschluss passe nicht zu diesem Film. Ein kurzer Ausschnitt aus diesen Szenen ist allerdings stets in der Zusammenfassung des jeweils vorherigen Teils zu sehen. Woanders war man anderer Meinung; so konnte man z. B. in Frankreich oder den Niederlanden die ungekürzte Version sehen.

    Poldi bist du nicht gerade in den Niederlanden? Schalt den Fernseher ein, man kann ja nie wissen, vielleicht zeigen die gerade die Serie 😊