Tiefer Griff ins Portmonee
Jetzt ist es amtlich: Vom 1. Januar 2007 an wird die Mehrwertsteuer 19 statt bisher 16 Prozent betragen. Gleichzeitig werden viele Steuervergünstigungen abgebaut. Für den einzelnen Bürger kann sich das zu einer happigen Belastung summieren.
Der Bundestag hat die umstrittene Erhöhung der Mehrwertsteuer gebilligt. Mit den Stimmen von Union und SPD und gegen den heftigen Widerstand von Wirtschaft sowie Opposition wurde am Freitag die Anhebung der Mehrwertsteuer von 16 auf 19 Prozent Anfang 2007 endgültig beschlossen. Mit den Mehreinnahmen will die Große Koalition die öffentlichen Haushalte sanieren und den Beitrag zur Arbeitslosenversicherung senken. Der Bundesrat muss im Juni noch zustimmen, dessen Zustimmung gilt jedoch als sicher.
Harsche Kritik von Wirtschafts- und Steuerexperten
"Die heutige Entscheidung des Bundestags für eine Erhöhung der Mehrwertsteuer ist falsch! Alle Argumente sprechen gegen diese Steuererhöhung", kritisiert Karl Heinz Däke, Präsident des Bundes der Steuerzahler (BdSt) die heutige Abstimmung im Bundestag. In der Konsequenz würden der Preisanstieg beschleunigt, die Konsumnachfrage gebremst, die Investitionen gehemmt und der Schwarzarbeit Vorschub geleistet. Deshalb ruft der BdSt jetzt alle Landesregierungen auf, im Bundesrat gegen die Erhöhung der Mehrwertsteuer zu stimmen.
Auch Gustav Horn, Wissenschaftlicher Direktor des Instituts für Makroökonomie und Konjunkturforschung (IMK) in der Hans-Böckler-Stiftung, greift deshalb die Bundesregierung an. Seiner Meinung nach riskiert sie mit der Erhöhung der Mehrwertsteuer eine schwere Schädigung des privaten Konsums - und damit des Aufschwungs insgesamt. "Der drohende Konjunkturschock ist ein zu hoher Preis, zumal das Defizit wahrscheinlich nur kurzfristig sinken wird", so Horn. Die Erfahrungen mit Mehrwertsteuererhöhungen in anderen europäischen Ländern, beispielsweise in Portugal, zeigen, dass die Konsolidierungswirkung in wenigen Jahren verpufft ist: Weil die Steuererhöhung die konjunkturelle Entwicklung gebremst hat, flossen in der Folgezeit weniger Einnahmen. Letztlich blieben die Defizite hoch.
Es bleibt deutlich weniger übrig
Auf den einzelnen Bürger kommen damit auf jeden Fall große zusätzliche Belastungen zu. Denn zum 1. Januar 2007 greift gleichzeitig auch das Steuerpaket der Regierung. Der BdSt hat anhand von Beispielfällen durchgerechnet, wie sich diese Änderungen im jährlichen Steuerbescheid niederschlagen.
Im ersten Fall konnte der ledige Arbeitnehmer bisher 2740 Euro Werbungskosten absetzen (für Fahrtkosten, Arbeitszimmer und weitere Werbungskosten), in Zukunft werden es nur 500 Euro sein. Als Ausweg bleibt ihm nur noch die Werbungskostenpauschale, die unverändert bei 920 Euro liegen soll.
Mehrwertsteuer: Die 19 kommtSteuerpaket: Pech für Pendler, Lehrer und 27-JährigeFür seine private Finanzplanung bedeutet dies, dass er alleine durch die Kürzungen in diesem Bereich künftig 1820 Euro Einkommen mehr versteuern muss, als bisher. Dazu kommt, dass er durch den niedrigeren Sparerfreibetrag nun auch einen Teil seiner Zinseinkünfte versteuern muss. Insgesamt wird dieser Modell-Arbeitnehmer ab 2007 645 Euro Einkommensteuer zahlen müssen als bisher. Und auch sein "Soli" steigt dadurch - um immerhin 36 Euro.
Etwas besser geht es dem verheirateten Alleinverdiener: Von seinem Jahresbrutto in Höhe von 48.000 Euro kann er immer noch etwas mehr absetzen als die Werbungskostenpauschale. Aber auch er verliert 2570 Euro bei den Freibeträgen und muss deshalb 2896 Euro Einkommen mehr versteuern. Nach dem Willen von steuert er 796 Euro mehr Einkommensteuer bei als vorher.
Neben diesen ganzen Belastungen knabbert dann auch die höhere Mehrwertsteuer bei fast jedem Kauf weiter am Einkommen. Wie hoch diese Belastung ist, hängt stark vom Konsumverhalten der einzelnen Haushalte ab. Der Bund der Steuerzahler rechnet mit Werten zwischen etwa 15 und 85 Euro pro Monat. Bei größeren Anschaffungen kann das allerdings auch leicht mehr werden: Ein Auto, der bisher 30.000 Euro kostete, wird sich durch die höhere Mehrwertsteuer um 775,86 Euro verteuern.
quelle: stern