Der Tod des zweijährigen Kevin in Bremen hat Bundesfamilienministerin Ursula von der Leyen veranlasst, zehn Millionen Euro in ein Frühwarnsystem für vernachlässigte und misshandelte Kinder zu investieren. "Im Fall Kevin hat das Zusammenspiel der staatlichen Hilfen sträflich versagt, kritisierte von der Leyen. "Das können wir nicht länger hinnehmen", sagte die CDU-Politikerin mit Blick auf Kevin, der unter staatlicher Vormundschaft stand.
Um vernachlässigte und misshandelte Kinder künftig früh zu finden und ihnen zu helfen, müsse ein Frühwarnsystem entwickelt werden, forderte die Ministerin. Familien, die mit der Erziehung eines Kindes überfordert seien, sollen im Rahmen von Modellprojekten vor oder auch ab der Geburt intensiv begleitet werden. Die Projekte würden mit Ländern und Kommunen entwickelt. Von der Leyen kündigte die Einrichtung eines Kompetenzzentrums zur Koordinierung der Aktivitäten noch in diesem Jahr an.
Sozialbehörde im Visier der Staatsanwälte
Der kleine Kevin war am Dienstag tot im Kühlschrank seines drogensüchtigen Vaters gefunden worden. Da Kevin unter Amtsvormundschaft gestanden hatte, emittelt die Staatsanwaltschaft nun auch wegen des Verdachts auf Verletzung der Fürsorgepflicht gegen die Bremer Sozialbehörde. Gegen mehrere Mitarbeiter wurden inzwischen Disziplinarverfahren eingeleitet. Mit Maßregelungen müssen nach Angaben einer Ressort-Sprecherin der Amtsvormund des Kindes sowie der Sozialarbeiter rechnen, der Vater und Sohn vor Ort im Heimatstadtteil betreute. Zudem strengte Jugendamtschef Jürgen Hartwig ein Disziplinarverfahren gegen sich selbst an. Sozialsenatorin Karin Röpke war bereits gestern von ihrem Amt zurückgetreten. Der Stadt lagen nach Angaben von Bürgermeister Jens Böhrnsen schon Monate vorher Hinweise auf den Fall vor.
Die genaue Todesursache des im Kühlschrank gefundenen Zweijährigen ist offenbar immer noch ungeklärt. "Die Ermittlungen laufen weiter", sagte ein Sprecher der Bremer Staatsanwaltschaft. Rechtsmediziner hatten an der Leiche des Kindes Verletzungen festgestellt, die auf äußere Gewalteinwirkungen hindeuten.
Kevins Vater verweigert Aussage
Der 41-jährige Vater von Kevin, der wegen Verdachts des Totschlags und der Misshandlung von Schutzbefohlenen in U-Haft sitzt, verweigert unterdessen die Aussage. Kevin stand seit dem Tod der ebenfalls drogenabhängigen Mutter 2005 unter Vormundschaft des Jugendamtes. Die Behörden ließen ihn jedoch beim Vater leben, obwohl gegen diesen seit dem Tod der Mutter wegen Körperverletzung mit Todesfolge ermittelt wird und er wegen Gewaltdelikten vorbestraft war. Die Staatswanwaltschaft prüft nach Angaben eines Sprechers auch, ob Informationen über die Ermittlungen gegen den drogenabhängigen Vater an die Sozialbehörde weitergeleitet wurden.
* Bremens Sozialsenatorin zurückgetreten [radiobremen].
* RealAudio: Versagen der Bremer Jugendschutz-Politik [DLF].
Stand: 12.10.2006 15:51 Uhr
Quelle: [URL=http://www.tagesschau.de/aktuell/meldungen/0,1185,OID5996928_TYP6_THE_NAV_REF1_BAB,00.html]http://www.tagesschau.de[/URL]