Kassen kritisieren Gesundheitsreform
Sollte die Gesundheitsreform in ihrer derzeit geplanten Form umgesetzt werden, kommen auf die gesetzlich Versicherten schwere Zeiten zu. So lautet das Fazit, das die Spitzenverbände der gesetzlichen Krankenkassen in einer gemeinsamen Erklärung in Berlin ziehen. Sie rechnen damit, dass die Beitragssätze in Folge der Reform von derzeit 14,3 auf bis zu 15,9 Prozent Ende 2009 steigen.
Als Gründe dafür nannten die Spitzenverbände sinkende Steuerzuschüsse, die Erhöhung der Mehrwertsteuer und die Ausgabendynamik im Gesundheitswesen. Hinzu kämen neue Ausgabenrisiken durch die Reform. Insgesamt fehlten den Kassen ohne gesetzgeberische Maßnahmen bis 2009 bis zu 16 Milliarden Euro.
"Eigentlich nur Verlierer"
"Bei dieser Gesundheitsreform gibt es eigentlich nur Verlierer", erklärte die Vorstandsvorsitzende der Ersatzkassenverbände VdAK/AEV, Doris Pfeiffer. Die Reform verfehle die Hauptziele der Koalition, die Finanzierungsgrundlagen der gesetzlichen Krankenversicherungen langfristig zu stabilisieren, durch mehr Wettbewerb die Versorgung der Versicherten zu verbessern und Bürokratie abzubauen. Durch den Gesundheitsfonds sowie die geplanten einheitlichen Beitragssätze sowie Zusatzbeiträge würden neue Probleme geschaffen, erklärte Pfeiffer. Die Versorgung der Versicherten werde "teurer, schlechter und unsicherer".
Der Vorsitzende des AOK-Bundesverbandes, Hans Jürgen Ahrens, sagte, der Entwurf zur Gesundheitsreform sei allein dem Koalitionsfrieden geschuldet. Er erwarte, dass in Folge der akuten Finanznot Rehabilitations- und landesspezifische Programme eingestellt werden. Zudem geht er davon aus, dass die Kassen statt einen Zusatzbeitrag einzuführen lieber ihre freiwilligen Leistungen einschränken.
Merkel: Machen Reform nicht für die Kassen
Bundeskanzlerin Angela Merkel wies die Kritik der Krankenkassen als unberechtigt zurück. Die Kassen könnten nicht erwarten, "dass wir für sie eine Reform machen", sagte sie in Berlin. Es liege an den Kassen, künftig Zusatzbeiträge zu erheben. "Man muss es nicht." Gesundheitsministerin Ulla Schmidt verteidigte in einer von der FDP beantragten Aktuellen Stunde im Bundestag den Gesetzentwurf. Dies sei die erste Reform, die nicht reine Kostendämpfungspolitik sei, sondern eine Reform, um die strukturellen Probleme im Gesundheitswesen zu lösen.
Steinmeier kritisiert Durcheinander
Bundesaußenminister Frank-Walter Steinmeier kritisierte dagegen das Durcheinander in der Großen Koalition um die Gesundheitsreform. "Ich kann mich nicht erinnern, dass es unter Rot-Grün eine vergleichbare Situation gegeben hätte, in der scheinbar Wohl und Wehe der Koalition an einem Gesetzgebungsverfahren hing", sagte der SPD-Politiker dem "Stern". Steinmeier, der unter Bundeskanzler Gerhard Schröder als Kanzleramtschef für die Koordination der damaligen Koalition zuständig war, betonte: "Die Autorität einer Regierung darf nur in Grenzen in Frage gestellt werden." Die Auseinandersetzung sei jedoch notwendig gewesen, um den Vereinbarungen eine Mehrheit zu verschaffen.
* [URL=http://www.tagesschau.de/aktuell/meldungen/0,1185,OID5979346_REF1_NAV_BAB,00.html]Fragen und Antworten zur Gesundheitsreform.[/URL]
* Dossier: [URL=http://www.tagesschau.de/thema/0,1186,OID5685170_REF1_NAV_BAB,00.html]Rezept für einen Systemwechsel?.[/URL]
* Video: [URL=http://www.tagesschau.de/video/0,1315,OID6015614_RES_NAV_BAB,00.html]Kassen kritisieren Reform [D. Schwarzer, ARD Berlin].[/URL]
Stand: 18.10.2006 18:13 Uhr
Quelle: [URL=http://www.tagesschau.de/aktuell/meldungen/0,1185,OID6014616_TYP6_THE_NAV_REF1_BAB,00.html]http://www.tagesschau.de[/URL]