"Der Rabe und andere Erzählungen" von Edgar Allan Poe

  • Die schauerlich-geheimnisvollen Geschichten von Edgar Allan Poe haben Weltruhm erlangt. Jetzt liegt eine Lesung mit dem mittlerweile verstorbenen Hans-Peter Hallwachs vor. Eine Rezension von Christoph Vratz.


    Edgar Allan Poe: Der Rabe und andere Erzählungen

    Ungekürzt gelesen von Hans Peter Hallwachs.

    Der Audio Verlag, 2024.

    1 CD, 1 Std. und 11 Min. Laufzeit, 15 Euro.


    https://wdrmedien-a.akamaihd.n…garallanpoe_wdronline.mp3


    Es ist, wie könnte es bei Edgar Allan Poe anders sein, die Geschichte eines Unglückseligen. Er kann den Tod seiner Geliebten nicht verwinden, hofft auf ihre Rückkehr. Gespenstisch die äußeren Umstände: Es ist eine kalte, graue Dezember-Nacht:


    "Einst, in dunkler Mitternachtsstunde, als ich in entschwundener Runde wunderlicher Bücher forschte, bis mein Geist die Kraft verlor, bis mir’s trübe ward im Kopfe, kam’s mir plötzlich vor, als klopfe jemand leis ans Tor."


    Der Erzähler vermutet einen späten Besucher – oder gar ein Zeichen aus dem Jenseits? Von seiner geliebten Leonore?


    "Die Gardinen rauschten traurig, und ihr Rascheln klang so schaurig, erfüllte mich mit Schreck und Grausen, wie ich nie erschrak zuvor."


    Es braucht einen Moment, bis der Erzähler wagt, den unbekannten Urheber dieses unheilvollen Klopfens anzusprechen:


    "Herr, so sprach ich, oder Dame – verzeihen Sie, mein Ohr hat Ihr Pochen kaum vernommen, denn ich war schon schlafbenommen, und Sie sind so sanft gekommen, sanft gekommen an mein Tor, wusste kaum den Ton zu deuten – und ich sperrte auf das Tor. Nichts als Dunkel stand davor."


    Ende 1844 bietet Edgar Allan Poe seine Erzählung in Gedichtform "The Raven" (Der Rabe) einem Freund zur Veröffentlichung an. Doch dieser lehnt ab. Aus alter Kumpanei zahlt er Poe dennoch 15 Dollar als Trostpflaster. Doch damit gibt sich Poe nicht zufrieden. Er weiß um die Bedeutung seiner Arbeit und sucht weiter nach einem Verleger. Anfang 1845 schließlich erschien der Text im New Yorker "Evening Mirror" – es ist der Beginn einer langen Erfolgsgeschichte.


    "Flatternd kam herein ein alter, stattlich großer schwarzer Rabe, wie aus heiliger Zeit hervor, machte keinerlei Verbeugung, keine kleinste Dankbezeugung, flog mit edelmännischer Neigung zu dem Pallas-Kopf empor, gerade über meiner Tür, [...] saß – und still war’s wie zuvor."


    Es entspinnt sich ein sonderbarer Dialog – der Erzähler will zunächst den Namen des Raben wissen, dann betrachtet er ihn stumm, redet ihn mit "Prophet" an. Doch all das entlockt dem Vogel immer nur eine einzige Antwort.


    "Nie, du Tor!"


    Nie, du Tor. In manchen Übersetzungen findet man auch den Begriff: "Nimmermehr". Doch mit welcher deutschen Übertragung des englischen "Nevermore" man es auch halten mag: Dahinter lauert eine ebenso dunkle wie rätselhafte Botschaft, über deren Bedeutung man bis heute streiten darf.


    Im November 2013 erschien eine Lesung von Poes "Der Rabe" erstmals als CD, verschwand dann aber wieder vom Markt – bis jetzt. Sprecher ist der Schauspieler Hans-Peter Hallwachs, der im Jahr 2022 bereits verstorben ist und nicht nur durch seine Rolle in der Fernsehserie "Mord mit Aussicht" und als Aragorn im WDR/SWR Erfolgs-Hörspiel "Der Herr der Ringe" einem großen Publikum bekannt ist.


    "Ob Dich, Höllending, die Hölle oder Wetter warf hervor, wer Dich nun auch trostlos sandte oder trieb durch leere Lande hier in dies, der Höll‘ verwandte Haus. […] Sprache der Rabe: Nie, Du Tor!"


    Hans-Peter Hallwachs liest ungemein plastisch, stellenweise soghaft. Seine leicht raue Stimme passt ideal zu dieser düster-abgründigen Handlung. Die zunehmend angespannte Situation, die psychologisch vertrackte Lage der unglückseligen Hauptfigur und den Kontrast des sonderbaren Dialogs bildet Hallwachs durch geschickte Tempo- und Lautstärkewechsel ab.


    "Deine Lüge, frech gesprochen, hat mir weh das Herz durchstochen. Fort von Deinem Thron hervor, heb Dein Wort aus meinem Herzen, heb dich fort vom Thron hervor."


    Neben dem "Raben" enthält das Hörbuch auch zwei Erzählungen in Prosaform: "Das Faß Amontillado" und "Der entwendete Brief". Auch hier zwingt uns Hans-Peter Hallwachs zu genauem Hinhören – und man fragt sich am Ende mit einigem Bedauern: Warum ist seine Stimme zwar auf vielen Hörspielen zu erleben, aber so selten solistisch als Sprecher von Hör-Büchern?


    Quelle: https://www1.wdr.de/kultur/bue…ere-erzaehlungen-100.html

  • Diese Auswahl habe ich schon, allerdings als Audio-CD (warum man bei 71 Minuten im MP3-Format veröffentlichen muß, leuchtet nicht ein). Und ich habe damals für die CD im Kartonstecktäschchen 5(!) Euro (also ein Drittel) bezahlt.


    Hallwachs hatte durchaus die richtige Stimme für Poe, allerdings ließ man ihn eine derart angestaubte (rechtefreie!) Übersetzung einlesen, daß es nur so holpert. Den aufgerufenen Preis ist die MP3-Ausgabe jedenfalls nicht wert, dann lieber in der Bucht nach der Erstauflage fischen.