Donnerstag, 17. März 2005
34:34
Chaos in Kiel
Bei der Wahl eines neuen schleswig-holsteinischen Ministerpräsidenten haben auch im dritten Wahlgang weder Ministerpräsidentin Heide Simonis (SPD) noch der CDU-Kandidat Peter Harry Carstensen am Donnerstag die erforderliche Mehrheit erreicht. Im dritten Wahlgang war anders als in den beiden ersten Wahlgängen nur die einfache Mehrheit nötig. Beide Kandidaten erhielten je 34 Stimmen. Die Landtagssitzung wurde unterbrochen und der Ältestenrat einberufen. Vorher traten die Fraktionen zusammen.
Im zweiten Wahlgang hatten Simonis und Carstensen ebenfalls je 34 Stimmen bekommen. Im ersten Wahlgang bei der konstituierenden Sitzung des Landtags hatten laut Parlamentspräsident Martin Kayenburg in der geheimen Wahl 34 Abgeordnete für Simonis votiert, Carstensen habe 33 Stimmen erhalten. Zwei Abgeordnete hätten sich der Stimme enthalten. Für die Wahl des Ministerpräsidenten waren mindestens 35 Stimmen notwendig. Genau so viele Stimmen haben SPD, Grüne und der Südschleswigsche Wählerverband (SSW) zusammen. Der SSW hat mit Rot-Grün ein Tolerierungsabkommen vereinbart.
Bei der Landtagswahl am 20. Februar hatten weder Rot-Grün noch CDU und FDP die absolute Mehrheit gewinnen können. SPD und Grüne können nur mit Hilfe des SSW weiter regieren. Zusammen kommen die drei Parteien auf die erforderliche Mehrheit von 35 Sitzen.
Die Bildung einer rot-grünen Minderheitsregierung war von der CDU scharf kritisiert worden, weil SPD und Grüne ihre Mehrheit verloren hatten und der SSW nur dank einer Sonderklausel im Landtag vertreten ist.
Auch mit einer Minderheitsregierung zählt Schleswig- Holstein im Bundesrat zum rot-grünen Lager. Die Unterstützung durch den SSW wirkt sich nach Angaben der drei Partner nicht auf das Abstimmungsverhalten in der Länderkammer aus.
Im Koalitionsvertrag haben SPD und Grüne vereinbart, ihr Votum im Bundesrat jeweils durch Kabinettsentscheidung festzulegen. Das Land werde sich enthalten, "sofern in Fragen, die nach Auffassung eines Partners von grundsätzlicher Bedeutung sind, eine Einigung nicht erzielt wird".
Die "Tolerierungsvereinbarung" geht mit keiner Silbe auf den Bundesrat ein. SSW-Sprecher Lars Bethge betonte: "Wir sind nicht Teil der Regierung." Seine Partei gehe jedoch davon aus, dass über wichtige Bundesratsentscheidungen wie bisher zuvor im Kieler Landtag debattiert werde. "Dabei werden wir uns dann einbringen."