Berlin (dpa) - Deutsche Arbeitgeber könnten Raucher nach derzeitiger Rechtslage bei der Jobvergabe ablehnen. Zieht ein Firmenchef einen Nichtraucher dem Raucher vor, widerspricht dies laut Bundesregierung weder dem Antidiskriminierungsgesetz noch dem deutschen Arbeitsrecht.
Ein Sprecher des Arbeitsministeriums sagte in Berlin, das Arbeitsrecht regele nirgends, dass allein Rauchen oder Nichtrauchen nicht als Auswahlkriterium genutzt werden könne. Jedoch gebe es einem Firmenchef auch keine Handhabe so zu verfahren.
Im Bundestag wollen Abgeordnete mehrerer Parteien den Druck auf die Regierung zur Erarbeitung eines Nichtrauchergesetzes erhöhen. Einen entsprechenden Entwurf der SPD-Gesundheitsexpertin Margrit Spielmann haben bisher etwa 140 Politiker unterzeichnet. Wenn der Antrag im Bundestag eine Mehrheit finde, werde die Regierung unter Beteiligung der Ressorts einen Gesetzentwurf erarbeiten, sagte eine Sprecherin des Bundesgesundheitsministeriums.
Eine Sprecherin des Justizministeriums sagte zum jüngst verabschiedeten Gleichbehandlungsgesetz: "Rauchen oder Nichtrauchen ist kein Diskriminierungsmerkmal in den Richtlinien", die derzeit umgesetzt werden. Dies entspricht auch dem EU-Recht. Dieses verbiete lediglich Benachteiligungen auf Grund des Alters, von Behinderung, religiöser Überzeugung und sexueller Orientierung, sagte eine Sprecherin von EU-Arbeitskommissar Vladimir Spidla in Brüssel. "Raucher fallen nicht darunter." Die Einordnung der EU bezieht sich auf die Stellenausschreibung einer irischen Call-Center-Gesellschaft. Die Firma hatte Raucher von vornherein ausgeschlossen.
Die deutsche Arbeitsstättenverordnung fordere vom Arbeitgeber, dass er Nichtraucher vor den Gefahren des Rauchens schütze, sagte der Sprecher des Arbeitsministerium in Berlin. "Es hat hierzu noch keine Rechtsprechung gegeben." Im Einzelfall müsse ein Gericht über die Klage eines Betroffenen entscheiden.
Dem interfraktionellen Antrag an den Bundestag wollen sich laut Spielmann auch Abgeordnete der Grünen, der Linksfraktion und der CDU/CSU anschließen. Mehr als die Hälfte der Unterzeichner seien SPD-Mitglieder, hieß es.
In dem Entwurf bemängeln die Abgeordneten, dass es hier zu Lande bis heute faktisch keinen Schutz vor Passivrauchen gebe. Deutschland liege beim Schutz vor den Belastungen des Passivrauchens international zurück. Bis heute gebe es keine verbindlichen rauchfreien Zonen in öffentlichen Räumen. Nichtraucherzonen in Gaststätten würden nicht überprüft.
Das Verbraucherschutzministerium hat bereits einen ersten Rohentwurf für ein Gesetz in der Schublade. Dieser diene vorerst der internen Meinungsbildung im Ministerium, sagte eine Sprecherin. Das Ministerium prüft zudem ein Rauchverbot für Jugendliche unter 18 Jahren. Diesen Vorstoß bewerten das Familienministerium und Jugendschützer skeptisch. Ministerin Ursula von der Leyen (CDU) dringt auf die Umsetzung bestehender Regelungen, sagte ein Sprecher. Zudem werden Zigarettenautomaten bis Januar 2007 umgerüstet. Dann könnten dort nur noch Jugendliche ab 17 Zigaretten ziehen.
Der Vorstandsvorsitzende der Bundesarbeitsgemeinschaft Kinder- und Jugendschutz, Bruno Nikles, sagte: "Wenn Kinder Rauchen nicht mehr cool finden, dann wäre das ein besserer Schutz als eine gesetzliche Regelung."