Der Herr der Lüfte

  • Mein erster Roman, den ich von Robert Kraft lesen werde: Der Herr der Lüfte.



    Die Ausgabe der Weltbild-Sammler-Editionen enthält den Text aus dem Jahr 1909 des Verlags H.G. Münchmeyer, die verwendeten Illustrationen stammen aus einer Vorlage aus dem Jahr 1911 des Verlags Ol. Hansens Bokförlags und diese wurden koloriert.


    Ich werde berichten, wie es mir gefällt. Es soll viele Anlehnungen zu Vernes Romanen Robur der Eroberer und Der Herr der Weltgeben, diese beiden Romane hatte ich zuvor gelesen.

  • Zwischenfazit, nachdem ich mehr als ein Drittel des Romans gelesen habe: Es geht im Roman um zwei Erfindungen. Dem Schweizer Arnold Reckert ist es gelungen, jeder Wolke Elektrizität zu entziehen und so auf endlose Energie zurückgreifen zu können. Er bietet seine Erfindung meistbietend den Regierungen aller Länder an. So weit kommt es aber nicht, denn er wird von Kapitän Smith entführt, der ebenfalls eine Erfindung gemacht hat: Er kann die Schwerkraft überwinden und lässt auf diese Weise seinen Flugapparat Diktator fliegen. Dafür benötigt er allerdings eine Energiequelle, möglichst aus der Luft, um von der Erde unabhängig zu sein.


    So weit. Ich versuche erst gar nicht, die Funktionsweise dieser Erfindungen zu erklären. Und hier ist schon der erste große Unterschied zu Verne: Während Vernes "Erfindungen" noch im Bereich des Möglichen bleiben, hebt Robert Kraft hier ab ins Reich der Phantastik und Fantasie. Der Roman selbst ist gut zu lesen, flüssig, dabei spannend und unterhaltend. Manchmal sogar in Richtung Slapstick, mir kommen einige Passagen unseriös vor - niveaulos wäre zuviel gesagt.


    Der Roman hat viele Parallelen zu Vernes Romanen Robur der Eroberer und Der Herr der Welt, letztgenannter hat sogar fast den gleichen Titel. Ein Flugapparat der Kategorie schwerer als Luft, eine Entführung, zwei Gegner auf Augenhöhe. Hier aber ist der Entführer Kapitän Smith sympathisch im Gegensatz zu Robur. Mag sein, dass es in den letzten zwei Dritteln sich noch ändern wird, aber bislang verläuft die Reise auf der Diktator harmonischer als die Reise auf der Albatross bzw. der Horror. Ich werde weiter berichten.


  • Gerade zu Ende gelesen: Kapitän Smith bleibt sympathisch, dafür kommt ein anderer "Endgegner" ins Spiel: Kapitän Duncan des Luftschiffes Diavolo entführt die Verlobte des Erfinders Reckert, um die letzten Geheimnisse um das Luftschiff Diktator von Kapitän Smith zu erpressen. Er bekommt die geforderten Informationen und man erklärt sich zu Todfeinden, die sich jagen werden. Der Showdown kommt jedoch anders: Im Inneren des Himalaja, dem "Hafen" des Diavolo, findet ein Erdbeben statt. Diese Katastrophe fordert viele Menschenleben. Smith und Reckert gelingt es, dieser Hölle zu entkommen und der böse Kapitän Duncan kommt einfach um bei der Katastrophe - ohne sich mit Smith Auge in Auge zu duellieren. Ende gut - alles gut? Nun, der Diktator startet nach all den Vorkommnissen zu seiner letzten Reise über den Nordpol nach Amerika, um dort die Geheimnisse der beiden Erfindungen der gesamten Menschheit zur Verfügung zu stellen. Aber der Diktator wird nie wieder gesehen und bleibt verschollen...



    Ja, teilweise sehr überzogene Geschichte von Robert Kraft. Vielleicht habe ich zu oft die Parallelen zu den beiden Romanen von Jules Verne gezogen und hätte nicht alles vergleichen sollen. Aber insgesamt gut lesbar, vielleicht einen Tacken zu lang. Macht mich neugierig auf weitere Werke von Kraft. Demnächst mehr.

  • "Aber der Diktator wird nie wieder gesehen und bleibt verschollen..." Ein Vorgehen, dass Kraft so ähnlich wiederholt anwendet. Eigentlich steht man schon kurz vor einem Happy End und dann gibt es den Dreh ins Negative.


    Aus "Verne-Sicht" dürften vor allem folgende Romane Krafts interessant sein:

    - Im Panzerautomobil um die Erde

    - Im Aeroplan um die Erde (Unabhängige Fortsetzung zum Panzerautomobil)

    - Ein moderner Lederstrumpf

    - Die Nihilit-Expedition (eine Lost-World-Geschichte)

    - Wenn ich König wäre (im Karl-May-Verlag als "König König" neu aufgelegt.)

    - Die Wildschützen vom Kilimandscharo


    Größter Unterschied, aber das hast du auch selbst auch schon festgestellt: Kraft täuscht Wissenschaftlichkeit nur vor, in Wahrheit sind seine Erfindungen eher fantastischen Ursprungs.


    Wer Sherlock Holmes mag, kann sich auch am recht kurzen "Die Rätsel von Garden Hall" versuchen, den man als Englischen Landhaus-Gruselkrimi einordnen kann. (Ich muss bei dem Buch immer an den leider nicht zu Ende gebrachten Holodeck-Roman denken, den Captain Janeway in einer der früheren Voyager-Staffeln gespielt hat.)


    Wer ganz viel Zeit hat: Sehr viele neu zusammengeschüttelte Verne-Motive hat Robert Kraft in seinem ersten Kolportageroman "Die Vestalinnen" untergebracht. Das sind aber auch gut 4.000 Seiten. Die Neubearbeitung, die ab 1902 vertrieben wurde, ist problemlos als kostenfreies E-Book zu kriegen und auch vergleichsweise preiswert in Buchform - entweder in 5 Bänden oder 10 Teilbänden. Sie unterscheidet sich durch leichte Kürzungen von Sätzen hier und da geringfügig von der Erstfassung. Inhaltlich gibt es aber wohl keine Unterschiede (Wobei es bislang noch keinen systematischen Seite-für-Seite-Abgleich gibt).